Besuch im Handel

Mystery-Shopping: NAS, das unbekannte Wesen

Uhr | Aktualisiert

Netzwerkspeicher alias NAS sind Kassenschlager. Wie der stationäre Handel auf diesen Trend vorbereitet ist, untersuchte CEtoday in Begleitung der professionellen Mystery-Shopperin Astrid T. nun erneut – ein halbes Jahr nach dem ersten, enttäuschenden Besuch im Handel.

Unsere profesionelle Mystery-Shopperin Astrid T. wünscht sich ein NAS-Gerät, damit die Familienmitglieder Musik, Bilder und Filme miteinander teilen können. Bereits im vergangenen November hatte sie eine für sich passende Heimnetzwerk-Lösung gesucht, war mit der Beratung aber unzufrieden gewesen. Es fehlte das Expertenwissen – auch im Fachhandel.

Das ist eigentlich schade, denn Netzwerkspeicher sind die Stars im Speicher-Markt; ihre Umsatzzahlen zeigen steil aufwärts. Astrid hoffte, dass die Beratung dieses Mal anders sein würde. Ein brauchbares NAS mit entsprechender Beratung verkauft zu bekommen, schien ihr zudem eine bewältigbare Aufgabe für den Handel. Ihre Shopping-Tour führte sie deshalb zu Digitec, Media Markt sowie Interfunk- und EP-Fachhändler.

Der erste Mystery-Shopping-Tatort war eine Digitec-Filiale. Wie gewohnt, wenn Astrid vorbeischaute, hatte es viele Kunden, die mit einem Nümmerchen in der Hand darauf warteten, beraten zu werden oder etwas abzuholen. Astrids Nummer wurde aufgerufen, sie ging zum zugewiesenen Schalter, wo ihr eine junge Verkäuferin erst entgegen lächelte. Ihre Miene verfinsterte sich aber urplötzlich, als Astrid begann, sie über NAS-Geräte auszufragen.

Sie war offensichtlich mit der Aufgabe überfordert, Astrid ein passendes Gerät zu empfehlen. Dennoch pries sie das WD Mybook Live Duo, 2 x 3 TB NAS für 393 Franken an, dieses sei gut und obendrein zum Aktionspreis erhältlich. Es gebe noch ein weiteres NAS von Western Digital zum vergünstigten Preis mit 2 x 4 TB Speicher. Als Astrid nachhakte, warum diese Geräte denn besser seien als andere, wusste die Frau keine Antwort. Sie nutzte die Vergleichsfunktion der Digitec-Internetseite und begann, Unterschiede zu anderen Geräten zu suchen. "Naja, die Speichergrösse ist unterschiedlich", meinte sie und sagte dann eine Zeitlang nichts.

Astrid wollte mehr wissen und fragte nach weiteren Argumenten, die für dieses Gerät sprächen. "Das NAS von Western Digital mit 2 x 4-TB-Festplatten bietet auch USB 3.0, aber USB 2.0 reicht völlig aus." Dann schwieg sie wieder, Astrid gab auf, sie erhielt keine Auskunft mehr. Sie verlangte noch ein Produktblatt und verabschiedete sich nach rund drei Minuten "Beratung".

Das Blatt war ein Ausdruck aus dem Digitec-Onlineshop und zeigte das eben besprochene Gerät inklusive zwei aktuellen Kommentaren. Beide übrigens mit vernichtendem Urteil: Das Gerät sei zu langsam, die benötigte Geschwindigkeit könne etwa bei Filmen nicht erreicht werden.

Experte im Media Markt

Der nächste Stopp: ein Media Markt. Es gab weniger Kunden im Laden als zuvor in der Digitec-Filiale, weshalb Astrid bereits nach kurzer Suche einen freien Verkäufer fand. Als Astrid ihre Wünsche schilderte, verwies sie dieser auf einen Arbeitskollegen, der sei versierter in diesem Gebiet. Doch dieser Mann war sehr gefragt. Während der rund zwei Minuten Beratung, in denen er Astrid die zwei ausgestellten Geräte zeigte, kamen Kollegen und fragten ihn nach seiner Expertise zu diesem und jenem.

Er fragte Astrid, ob sie nicht gleich einen Mediaplayer wolle, heutzutage sei das gefragter. Sie bestand aber auf einem NAS-Gerät, worauf er ihr das Blackarmor NAS220 7200 mit 1 x 2 TB von Seagate für rund 280 Franken empfahl. Er müsse aber den Preis noch online überprüfen. Die Preise für Festplatten purzelten wegen der viel gefragteren SSDs fast stündlich. Im Online-Shop von Media Markt war das Gerät rund 60 Franken günstiger als im Laden. Er bot Astrid natürlich den günstigeren Preis an, doch sie war noch nicht überzeugt. Sie wollte wissen, weshalb dieses Gerät denn empfehlenswert sei, aber der Verkäufer wurde bereits von weiteren Arbeitskollegen erwartet, die seine Hilfe benötigten. Er entschuldigte sich und ging.

Astrid erhoffte sich im Fachhandel eine ausführlichere Beratung und besuchte einen Euronics-Interfunk-Fachhändler. Beim Eintreten ertönte eine Klingel, und ein älterer Herr kam die Treppe hinuntergestiegen, wahrscheinlich der Ladeninhaber, dachte Astrid. Sie war die einzige Kundin und wurde sogleich nach ihren Wünschen gefragt. "NAS führen wir nicht mehr", sagte der Mann. Sie hätten sich von allem getrennt, was mit PCs zu tun habe. Zumindest die Geräte biete man nicht mehr an. "Wir machen nur noch Gesamtlösungen wie Heimnetzwerke. Wir kommen vorbei, wenn nötig auch mit Spezialisten, Elektrikern beispielsweise", erklärte er. Das Geschäft mit diesem PC-Zeug lohne sich nicht mehr, seit es im Internet so viele günstige Anbieter gebe. Er wisse nicht, ob es noch einen Fachmann in der Nähe gäbe, der diesen Preiskampf mitmache.

Nur auf Bestellung

Astrid bedankte sich für die Offenheit, hoffte aber, dass sie einen Fachhändler fände, der sie umfassend beraten würde. Als letzte Station auf ihrer Mystery-Shopping-Odyssee hatte Astrid T. noch einen EP-Fachhändler auf dem Programm. Astrid war wie eben beim Interfunker die einzige Kundin im Laden. Ein sehr junger Verkäufer, wahrscheinlich der Lehrling, kümmerte sich sofort um sie. Als sie ihren Wunsch nach einem NAS äusserte, erklärte aber auch dieser, dass sie so etwas nicht führten. Er könne aber eines bestellen, dieses wäre in ein bis zwei Tagen da.

Er suchte im internen Bestellsystem von EP nach einem geeigneten Gerät und forderte Astrid auf, hinter die Ladentheke zu kommen, um mitzuschauen. Es gebe NAS mit einem, zwei oder gar keiner Festplatte. Wie viel Speicher wohl nötig sei? Schliesslich empfahl er ein Gerät der Marke Synology für 419 Franken. Wieso dieses empfehlenswert sei, wollte Astrid wissen. "Das habe ich auch schon verkauft und die Kunden waren zufrieden", lautete seine Antwort.

Astrid bedankte sich für rund zehn Minuten Beratung, war aber kaum schlauer als zuvor. Und auch über alles gesehen, war sie enttäuscht. Ausser im Media Markt konnte kein Verkäufer einigermassen kompetent zum Thema NAS beraten. Doch auch dort fühlte sich Astrid nicht gut betreut. Schon damals beim Mystery-Shopping zum Thema Heimnetzwerk hatte der Handel unbefriedigend abgeschnitten.

Ein halbes Jahr später zum Netzwerkthema NAS fand sie ebenfalls kaum zufriedenstellende Beratung. Der Euronics-Interfunk-Fachhändler, der nur noch Gesamtlösungen anbietet, schien ihr innovativ, genau so einen hätte sie vor einem halben Jahr gesucht. Allerdings ist nicht genau nachvollziehbar, wie er seiner Kundschaft eine Heimnetzwerk-Lösung anbieten will, ohne dafür das Basis-Gerät, ein NAS, im Sortiment zu führen. Zudem muss offenbar lange suchen, wer im CE-Handel einfach nur ein NAS kaufen will und sich gleichzeitig gute Beratung wünscht.

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