"Wer mit der Zeit geht, geht mit der Zeit"
Wie viel ist ein Geschäft wert? Die Nachfolgeregelung ist ein nicht zu unterschätzendes Projekt. Ruedi Haeny erklärt, was es dafür braucht.
Franz Scheidweg, unser Musterhändler, wird dieses Jahr 60. Er denkt daran, nach jahrelangem Engagement für den Aufbau und die Entwicklung seiner Firma, in einigen Jahren private Wünsche und Träume realisieren zu können, die bisher hintanstehen mussten. Es ist ihm aber ein Anliegen, dass sein Lebenswerk weiter bestehen bleibt, die Angestellten in der Firma bleiben können und die über Jahre aufgebaute und gepflegte Kundschaft weiterhin eine kompetente Anlaufstelle hat. Er macht sich daran, einen Nachfolger zu suchen.
Die Regelung der Geschäftsnachfolge ist ein nicht zu unterschätzendes Projekt. Dazu braucht es genügend Zeit. Rechnen Sie mit drei bis fünf Jahren. Der ideale Weg ist der Aufbau eines internen Nachfolgers, der geeignet und auch willens ist, den Betrieb in eigener Regie weiterzuführen. Wenn beide Seiten wirklich wollen, wird man auch bei der Finanzierung Lösungen finden. Ansonsten bleibt die Suche nach einem aussenstehenden Käufer. Hier kommen einerseits Branchenkollegen infrage, die einen besseren oder zusätzlichen Standort suchen. Andererseits gibt es bei diesen vielleicht fähige Mitarbeiter, die gerne den Schritt in die Selbstständigkeit machen würden. In beiden Fällen heisst es, frühzeitig sein Beziehungsnetzwerk zu aktivieren, um fündig zu werden.
"Das soll der Nachfolger machen"
Wie viel ist ein Geschäft denn wert? Für die Bestimmung des Verkaufspreises existieren verschiedenste Formeln, die mit Zahlen aus Bilanz und Erfolgsrechnung sowie prognostizierten Erträgen operieren. Aber jede Berechnung kann nur eine Richtgrösse bieten, und spätestens bei der Bewertung des Warenlagers gehen die Meinungen dann weit auseinander. Es lohnt sich, einen Spezialisten beizuziehen, der schon Erfahrungen beim Verkauf von ähnlich gelagerten Betrieben gesammelt und dabei seine Fähigkeiten bewiesen hat. Viele weitere Faktoren, die sich in Franken nur schwer beziffern lassen, spielen für den effektiven Wert eines Betriebs ebenfalls eine Rolle. Dazu zählen unter anderem eine sinnvolle Diversifikation, ein hoher Anteil von Dienstleistungen und Geschäftskunden am Gesamtumsatz sowie der Zustand der Lokalitäten. Stark zu gewichten ist auch die Qualität des Kundenstamms, dokumentiert in einer laufend aktualisierten Datei.
Viele Fachhändler sind Partner in selektiven Vertriebssystemen. Je grösser deren Bedeutung für das Geschäftsergebnis ist, desto wichtiger ist es, dass sie vom Nachfolger übernommen werden können. Sollten die vertraglichen Rahmenbedingungen schon heute mehr schlecht als recht erfüllt werden, wäre ein Besitzerwechsel für jeden Lieferanten die passende Gelegenheit, die Vertragsbeziehung aufzulösen. Um keine bösen Überraschungen zu erleben, sollte man sich rechtzeitig absichern. Generell gilt, dass ein Geschäft bei der Übergabe so auf Vordermann sein sollte, wie wenn der aktuelle Inhaber es noch jahrelang selbst weiterführen würde. Das oft gehörte «das soll der Nachfolger dann machen», entspringt der eigenen Faulheit oder ist ein Zeichen von Resignation. Beides mindert den Wert des Verkaufsobjekts und erschwert dem Neuen den Start.
Ein Erbvertrag ist zwingend
Die Suche nach einem Käufer kann unter Umständen lange dauern. Taucht dann endlich ein Interessent auf, ist man trotz aller Erleichterung gut beraten, dessen Bonität genau zu prüfen und Referenzen einzuholen. Neben Schwätzern, die, wenn es ernst wird, das Geld nicht aufbringen können, sind auch Leute mit zweifelhaften Absichten unterwegs.
Wer das Glück hat, die Nachfolge in der Familie lösen zu können, sollte insbesondere zwei Punkte beachten. Um den längerfristigen Bestand der Firma finanziell abzusichern, ist der Abschluss eines Erbvertrags zwischen den sich aus dem Geschäft zurückziehenden Eltern und allen Kindern zwingend. Dann tun sich Leute, die wie Franz Scheidweg jahrelang all ihre Energie ins Geschäft investiert haben, in aller Regel schwer mit dem Abgeben. Daraus entstehen leicht unnötige Konflikte. Um dem vorzubeugen, lohnt es sich, für den Übergang der Verantwortung klare Spielregeln zu vereinbaren.
Ich wünsche denjenigen, die sich mit der Regelung ihrer Nachfolge befassen, viel Erfolg sowie Ihnen allen gute Geschäfte und viel Freude bei Ihrer Tätigkeit! Mit diesem Beitrag beschliessen wir die Reihe Betriebswirtschaft für Fachhändler. Der eine oder andere meiner Tipps hat Ihnen hoffentlich als Anregung für eine Verbesserung in Ihrem Betrieb gedient.
Persönlich
Ruedi Haeny ist lic.oec. HSG und begann seine berufliche Laufbahn in der Marktforschung, wechselte dann in Marketing und Verkauf, wo er verschiedene leitende Positionen innehatte, zuletzt während 16 Jahren bei Philips Consumer Electronics. Er war aktiv im Vorstand des Swico und leitete die IG CE. Im Februar 2013 gründete er die Haeny Management Consulting GmbH. Heute unterstützt er Firmen bei der Durchführung von Projekten und begleitet sie bei der Entwicklung und Umsetzung von Strategien. Zu seinen Kunden gehören Fachhändler, Handelsgruppen und Importeure.