Bargeldlos einkaufen: Twint startet im Herbst 2015
Braucht es wirklich noch eine weitere digitale Zahlungslösung? Ja, sagt Postfinance - schon bald soll an rund 6000 Coop-Kassen mit Twint bezahlt werden können.
Das Zahlungswesen ist das Kerngeschäft von Postfinance. Alleine letztes Jahr hat die Tochtergesellschaft der Schweizerischen Post über 996 Millionen Transaktionen abgewickelt. Rechnet man diese Zahl auf die Schweizer Bevölkerung runter, sind das 125 Zahlungen pro Person.
Da erstaunt es nicht, dass Postfinance auch beim digitalen Smartphone-Zahlungsverkehr mitreden will. Die Post gründete dafür im Sommer 2014 die Tochtergesellschaft Monexio, die mittlerweile Twint heisst. Heute Morgen hat das Berner Start-up, das rund zehn Mitarbeiter beschäftigt, am Worldwebforum im Zürcher Komplex 457 darüber informiert, wie es um die Bemühungen der Post steht. Fazit: Twint ist so gut wie fertig, und mit Coop wurde ein wichtiger Partner gewonnen.
Coop als Trumpf
Das digitale Portemonnaie der Post soll an rund 6000 Kassen von Coop nutzbar sein. Twint schloss dafür mit der Coop-Gruppe eine Vereinbarung. Coop habe pro Kasse rund 100 Franken investieren müssen, um sein System mit Beacon-Lesegeräten auszustatten, sagte Twint-CEO Thierry Kneissler in Zürich. Für Coop werde sich das lohnen: Twint sei nicht wie die Konkurrenz auf Kreditkartenfirmen oder Telekomanbieter angewiesen, die einen Teil der Zahlungen für sich behalten. Und Twint werde schon bald einsatzbereit sein - die Markteinführung ist für Herbst 2015 geplant.
Coop ist der erste nationale Handelspartner, der Twint schweizweit in Filialen und im Onlineshop akzeptieren wird. Im Frühsommer soll ein Pilotversuch in einigen Filialen in Bern und Basel starten. Ausgewählte Kunden können so die App testen. "Nach erfolgreichem Abschluss des Piloten folgt der Rollout in den Coop-Supermärkten mit 6000 Kassen", schreibt Postfinance in einer Mitteilung.
Gespräche mit weiteren Partnern
Die Twint-App soll ab Sommer in einer Betaversion in den App-Stores für Android und iOS verfügbar sein. Ab Herbst werde Twint auch für den Einsatz in Poststellen getestet. Gespräche mit weiteren Partnern - unter anderem SBB und Uber - seien im Gang, so Postfinance.
Twint-Chef Kneissler demonstrierte drei Anwendungen der Twint-App: Bezahlung an einer Kasse per Beacon, Bezahlung im Onlineshop per Code (QR oder Pin) und Bezahlung in einer App. Die Demo funktionierte gut, auch wenn an der Geschwindigkeit noch gearbeitet werden muss. Bis zum Release soll eine Zahlung in zwei bis vier Sekunden über die Bühne gehen, versprach Kneissler.
Twint setzt auf Prepaid
Im Unterschied zu vielen anderen Wallet-Lösungen benötigt Twint keine Kredit- oder Debitkarte und setzt stattdessen auf Guthaben, die per Prepaid aufgeladen werden müssen. Für Postfinance-Kunden werde dies am Schalter möglich sein, bei anderen Banken per Lastschriftverfahren. Auch Postomaten sollen die Funktion unterstützen. Zudem sollen Guthabenkarten verkauft werden.
Die App verfügt über mobile Marketingfunktionen, mit denen Anbieter ihre Coupons und Gutscheine anpreisen und Kunden Stempel- und Treuekarten nutzen können. Unterstützt wird zum Beispiel die Coop-Superkarte, die beim Einsatz von Twint nicht extra gezeigt werden muss. Auch ein "Fast Lane Feature" werde es geben: Pendler sollen so den Kaffe am Bahnhof schon im Zug bestellen und bezahlen können - ein Anstehen sei dann nicht mehr nötig, sagte Kneissler.
Und der Datenschutz?
Hansruedi Köng, CEO und Verwaltungsratspräsident von Postfinance, war heute in Zürich ebenfalls vor Ort. Er betonte, dass der Vertrag mit Coop wegweisend sei. Die Kooperation zeige, dass es sich für Händler trotz der nötigen Investition in die Kassensysteme lohne, auf Twint zu setzen. Und es gebe noch ein weiteres Argument für Twint: Datenschutz. Twint orientiere sich am Schweizer Recht und könne garantieren, dass keine privaten Daten die Schweiz verlassen. Die App sei zudem vom Datenschützer für gut befunden worden. Bei der Konkurrenz sei dies oft nicht der Fall, sagte Köng.
Auf die Frage, wieso Postfinance nicht auf den Drahtlosstandard NFC setze, entgegnete Kneissler, dass er nicht rund die Hälfte des Marktes ausschliessen wolle. Er spielte damit auf Apple an, das die Nutzung der in iPhones verbauten NFC-Chips nur für eigene Dienste erlaubt.