Marktreport

Service-Geschäft Smart Home

Uhr | Aktualisiert

Das Smart Home kann das Leben im Alltag auf viele Wege vereinfachen. Forschung, Industrie und Bund treiben die Entwicklung voran. Der Durchbruch im Schweizer Markt scheint kurz bevorzustehen. Eine Riesenchance für Fachhändler, glauben Experten.

Das vernetzte Haus der Zukunft dürfte den Alltag deutlich bequemer werden lassen. Obendrein könnte das Smart Home auch ein akutes Problem lösen. Denn die Menschen in der Schweiz werden immer älter, wie die demographische Entwicklung zeigt. Damit steigt auch die Nachfrage nach Betreuung in Alters- und Pflegeheimen. Und diese könnten bald keinen freien Platz mehr haben, glaubt Dieter von Arx, Projektleiter am iHomelab, Forschungszentrum für Gebäudeintelligenz der Hochschule Luzern. "Deshalb brauchen wir Alternativen", sagt er und forscht nach technischen Systemen, mit denen Menschen so lange wie möglich altersgerecht zu Hause leben können, als Alternative zum Alters- oder Pflegeheim.

Dieser Forschungszweig namens Ambient Assisted Living ist ein Aspekt des Smart Homes, der etwa Sicherheit, Überwachung, Orientierung und Mobilität umfasst. Ergebnisse sind dann beispielsweise intelligente Rollatoren, die selbständig fahren. Oder Sensoren, die bei einem Sturz einen Alarm auslösen, woraufhin sich ein Computer nach dem Befinden erkundigt. Erhält der Rechner keine Antwort, alarmiert er die zuständigen Personen bis hin zum Rettungsdienst.

Im Bereich dieser Geräte und Software forscht das iHomelab, ist damit aber nicht allein. Auch weitere Fachhochschulen fokussieren auf die Entwicklung solcher technischen Systeme, wie etwa die Fachhochschule St. Gallen mit dem Kompetenzzentrum AAL – Innovation für das Alter. Der Bund treibt diese Entwicklung voran, so investierte er im vergangenen Jahr gesamtschweizerisch über 8 Millionen Franken in entsprechende Forschungseinrichtungen. Damit dürften entsprechende AAL-Lösungen auch bald als Geräte oder Software im Handel erhältlich sein.

Einfacher und besser kombiniert

Das intelligente Haus bietet neben technischer Hilfe zur besseren Bewältigung des Alltags von Senioren bereits heute die Möglichkeit zur Verbesserung der Energieeffizienz. Mit intelligenten Zählern (Smart Meter) sind Verbraucher stets informiert, wie viel Energie  sie nutzen. Sie sehen entweder direkt am Zähler oder etwa auf dem Smartphone, wie viel elektrische Energie, Erdgas, Fernwärme oder auch Wasser in vergangener Zeit verbraucht wurde. Auch der Echtzeitverbrauch kann verfolgt werden. So könnten auch Energiesparpotenziale ersichtlich sein.

Von Arx wie auch René Senn vom Beratungsbüro Raum Consulting und stellvertretender Geschäftsführer der Gebäude-Netzwerk-Initiative (GNI), dem Fachverband für Gebäudeautomation und Intelligentes Wohnen, glauben, dass die Energiewende Smart Homes noch populärer machen wird. Und laut Senn werden Smart Grids (intelligente Stromsysteme) künftig direkt mit den Smart Metern kommunizieren.

Smart Homes können aber auch schlicht und einfach Komfort im Alltag bedeuten. Bereits heute sind zahlreiche Haussteuerungs-Lösungen verfügbar, mit denen etwa die Lüftung, Beleuchtung oder Multimedia-Dienste mit einem Gerät, beispielsweise dem Smartphone, gesteuert werden können. Senn glaubt, dass Audio- und Videolösungen in Zukunft einfacher integrierbar und die Systeme einfacher zu bedienen sein werden.

"Durchbruch steht kurz bevor"

Gemäss Senn sind Smart-Home-Lösungen zurzeit vor allem für moderne, jüngere und junggebliebene finanzstarke Endkunden interessant. Er glaubt aber, dass in naher Zukunft alle Häuser smart sein werden. Auch Teenager zeigen sich an Smart-Home-Lösungen interessiert, wie die Auswertung einer Onlinestudie von Greenpocket, einem Anbieter von Smart-Meter- und Smart-Home-Software, in Zusammenarbeit mit der deutschen Hochschule Bonn-Rhein-Sieg ergab. Mehr als zwei Drittel aller befragten Jugendlichen wären demnach bereit, 150 Euro für ein Smart-Home-Einstiegspaket auszugeben. Für fast ein Drittel aller Befragten wäre auch ein Preis von 250 Euro noch akzeptabel. Und fast zwei Drittel würden für die Nutzung einer Smart-Home-Software eine monatliche Gebühr zwischen 5 und 10 Euro bezahlen.

Die Bereitschaft der Verbraucher Smart-Home-Lösungen einzusetzen, scheint also zu steigen. Für Dieter von Arx sind Smart Homes jedoch im deutschsprachigen Raum noch ein Nischenprodukt. Im technikbegeisterten Japan sei die Entwicklung bereits viel weiter. "Gefühlt steht uns der Durchbruch aber kurz bevor", sagt er. Marktforscher GfK Switzerland und der Branchenverband Swico können noch keine Daten zum Schweizer Smart-Home-Markt nennen. "Genaue Marktzahlen existieren noch keine", bestätigt auch René Senn.  Die Zuwachsrate dürfte aber deutlich grösser als 10 Prozent pro Jahr sein, glaubt er.

"Riesenchance für den Fachhandel"

Dieter von Arx glaubt, dass in fünf bis zehn Jahren eine massive Veränderung hin zum Smart Home stattfindet: "Ich sehe eine klare Markttendenz. Etwa daran, dass sich die Industrie für entsprechende Spezialfirmen interessiert. Und das Internet der Dinge wird Smart Homes in eine neue Liga befördern", sagt der Forscher. Im Internet der Dinge sind Geräte (Dinge) in einer virtuellen Struktur repräsentiert und kommunizieren miteinander. Laut einer OECD-Studie sind bis 2022 rund 50 Geräte im Haushalt miteinander vernetzt.

Diese Entwicklung hin zum Smart Home ist laut von Arx "eine Riesenchance" für den Fachhandel. Wichtig für Händler sei aber die ständige Weiterbildung. Sie müssten stets Ausschau halten, was auf dem Markt passiert. Ein Hersteller von Smart-Home-Lösungen, der mit dem Schweizer Fachhandel zusammenarbeitet, ist Aizo mit Digitalstrom. Im Moment bestehe die Zusammenarbeit hauptsächlich mit dem Elektrofachhandel, doch auch immer mehr CE-Händler kämen dazu, sagt Aizo-CEO Martin Vesper.

Langfristiges Service-Geschäft

Skeptischen Fachhändlern nimmt Vesper Berührungsängste: "Händler stehen nicht alleine da. Wir begleiten sie bei den ersten Schritten in die digitale Vernetzung mit Schulungen und arbeiten in Projekten gemeinsam." Wichtig sei die Aufgeschlossenheit der Händler für eine gute Kundenbeziehung, denn "Smart-Home-Lösungen zu verkaufen ist schliesslich auch ein Service-Geschäft", sagt Vesper. Es brauche Weitsicht für längere und grössere Projekte.

René Senn von Raum Consulting empfiehlt Fachhändlern, die sich am Verkauf von Smart-Home-Lösungen interessiert zeigen, sich Fragen zu stellen wie: Wer installiert das System für Heizung, Elektro und Multimedia? Wie ist das System mit der "eigenen" CE-Welt vernetzbar? In der Schweiz darf zudem nicht jeder Starkstrom-Installationen durchführen. Und weiter: Sollen Fachhändler den Alleingang wagen oder Kooperationen mit weiteren Unternehmen aus dem Umfeld des Smart-Home-Marktes eingehen und dabei ihr spezifisches Wissen optimal einbringen?

In Zukunft scheint also nahezu jeder in einem Smart Home zu wohnen. Die Entwicklung ist weit vorangeschritten. Fachhändler, die sich an Smart-Home-Lösungen interessiert zeigen, müssen über das Marktgeschehen auf dem Laufenden bleiben, könnten aber eine grosse Marktnische füllen.

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zGmuvoZW

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