Asut-Seminar 2015

"Telekommunikation ist die Grundlage der Digitalisierung"

Uhr | Aktualisiert

Der Branchenverband der Telekomunikation, Asut, hat seine Mitglieder zum jährlichen Seminar geladen. Diskutiert wurde über die Digitalisierung. Es wurde gebeten, gefordert und gewarnt.

Welche Möglichkeiten bietet die Digitalisierung für die Schweizer Wirtschaft? Der Verband der Schweizer Telekommunikation, Asut, stellte diese Frage ins Zentrum seines jährlichen Seminars in Bern. Es sei wichtig, dass sich der Asut und seine Mitglieder in diesem Bereich engagieren, sagte Verbandspräsident Peter Grütter. Denn: "Telekommunikation ist die Grundlage der Digitalisierung."

Ohne vernetzte Produktion funktioniere bald nichts mehr. Digitalisierung bildet den Schlüssel für den künftigen wirtschaftlichen Erfolg der Schweiz, so schien es. Die Referate und Debatten hierzu drehten sich aber im Kreis. Einig waren sich die Redner, dass die Schweiz eines der innovativsten Länder der Welt ist. Dies belegen verschiedene Studien, wie Thomas Meier von Accenture sagte.

Schweizer Innovationsfähigkeit ist ein Puzzle

Viele Firmen hätten sich der Digitalisierung bereits angenommen. Die Rahmenbedingungen für die Digitalisierung sind laut Meier gut. Seine Aussage basiert auf einer Untersuchung von 101 Firmen aus der Liste der 500 grössten Unternehmen, die die Handelszeitung veröffentlichte. Die Unternehmen wurden anhand von 50 allgemeinen und 30 weiteren branchenspezifischen Faktoren gemessen. Am intensivsten beschäftigen sich die Branchen IT und Kommunikation, Medien und Entertainment sowie Banking mit dem Thema.

Am Event im ausverkauften Kursaal in Bern wurde auch viel über die Innovationsfähigkeit der Schweiz gesprochen. Ein Puzzle aus mehreren Faktoren. Diese Puzzlestücke gelte es zu pflegen, sagte Heinz Karrer, Präsident von Economiesuisse.

Ein weiterer Faktor für die Innovationskraft ist das duale Ausbildungssystem aus Berufsausbildung und Hochschulforschung. Eine Eigenheit, die es so nur in wenigen Ländern gibt und nicht selbstverständlich ist. IBM bildet jedes Jahr 40 Informatiker aus, wie Thomas Landolt, Geschäftsführer von IBM Schweiz, an einer Podiumsdiskussion sagte. Hierfür müsse sich IBM Schweiz vor dem US-Management regelmässig erklären. An den Hochschulen wird heute ebenfalls viel Praxis vermittelt, wie ein Beispiel der FH Bern zeigte. Informatik-Professor Andreas Danuser präsentierte das Projekt Smoje. Studierende entwickelten hierfür während mehrerer Wochen eine Boje, ausgerüstet mit zahlreichen Sensoren. Dazu erarbeiteten sie eine Marketingkampagne. Für das Projekt gab es viel Applaus vom Fachpublikum.

Wer sich nicht anpasst, ist weg

Mit der Digitalisierung entstanden in den letzten Jahren auch neue Firmen, die traditionelle Branchen durcheinanderbrachten, wie Amazon, Uber oder AirBnB. Eine Entwicklung, die nicht abreissen dürfte. "Es werden mehr Menschen mit Ideen auf den Plan treten, für die Internet und Vernetzung völlig normal sind", sagte Michael Ganser, SVP Europe bei Cisco und Experte für das Thema Internet of Things.

Das Aufkommen neuer Firmen und Geschäftsmodelle sowie der damit einhergehende Niedergang traditioneller Unternehmen geschehe mit exponentieller Geschwindigkeit. Das werde dramatische Folgen haben, warnte Ganser: "Vier von zehn Unternehmen werden in zehn Jahren nicht mehr da sein, da sie es nicht schaffen, sich schnell genug anzupassen."

Digitalisierungshub Schweiz

Wichtig sei auch, den Willen aufzubringen, sich den disruptiven Elementen der Digitalisierung zu stellen und Projekte durchzuziehen, auch wenn diese einem weh täten, sagte Swisscom-CEO Urs Schaeppi in einer anschliessenden Debatte. Schaeppi sprach aus Erfahrung, als er sagte, dass die Digitalisierung äusserst disruptiv sei. Wegen der Messenger-Applikation Whatsapp seien bei Swisscom 400 Millionen Franken an Einnahmen aus dem SMS-Geschäft "verdampft". Ideen für eine Messenger-App habe es bei Swisscom auch gegeben. "Aber oft werden Ideen, die einen selbst kannibalisieren können, blockiert."

Ein weiteres Hindernis sei das Silo-orientierte wirtschaften Schweizer Unternehmen. Der Swisscom-CEO schlug daher vor, anhand konkreter Projekte zusammenzuarbeiten. Schaeppi wünscht sich ein Schweizer Silicon Valley. Die Schweiz müsse zum Digitalisierungshub werden.

Freihandelsabkommen könnte EU attraktiver machen

Das reichte Economiesuisse-Präsident Karrer noch nicht. Er ging noch weiter und sagte, dass die Schweiz in fünf Jahren zu den Top 5 der digitalen Volkswirtschaften der Welt gehören soll.

Karrer präsentierte mehrere Bedingungen, mit denen das Vorhaben gelingen könnte: Energie und Umwelt, Steuern und Vorsorge, Innovation und Vernetzung. Die Schweiz müsse ein bestens vernetztes Land sein. Hierfür gelte es, das gute Verhältnis zur EU zu pflegen. Nach der Annahme der Masseneinwanderungsinitiative müssten nun die bilateralen Abkommen stabilisiert werden. Ausserdem solle die Schweiz eine gewichtige Rolle bei den TTIP-Verhandlungen spielen. Die USA gelten wie die EU als wichtiger Exportmarkt für die Schweiz, und das Freihandelsabkommen könnte die EU attraktiver für die US-Wirtschaft machen. Es wäre daher von Nachteil für die Schweiz, wenn sie hier nicht mit von der Partie wäre.

Ein weiterer Faktor sei die Regulierung. Karrer rief zu einer smarten Regulierung auf, die auch eine Balance zwischen Wirtschaft und Gesellschaft findet. Regulierung war auch das Thema von Com-Com-Leiter Marc Furrer. Er verwies anhand des Fernmeldegesetzes darauf, dass gesetzliche Vorgaben nicht immer zielführend seien. Als Beispiel nannte er das aktuelle Fernmeldegesetz, dass nach seiner Revision im Jahr 2007 praktisch wieder veraltet war.

"Gute Rahmenbedingungen für die Digitalisierung schaffen"

Noch im gleichen Jahr drängte Apple mit dem iPhone auf den Markt. Im Schlepptau kamen die Mobile- und Webunternehmen wie Whatsapp und Facebook. Der Einfluss der Schweizer Gesetze auf diese Unternehmen ist eher gering. "Ich kann über Google oder FB schimpfen, aber sie lassen sich nur sehr schwer regulieren", sagte Furrer. Das Fernmeldegesetz sei viel zu detailliert. Furrer wünschte sich deshalb ein Rahmengesetz, dass dem Regulator Handlungsspielraum für Fallentscheide einräume.

Die aktuelle Überarbeitung des Fernmeldegesetzes ist auch Asuts Präsident ein Anliegen. Der Asut werde mit Nachdruck die Interessen seiner Mitglieder bei der Überarbeitung des Fernmeldegesetzes vertreten, sagte Grütter deutlich in Richtung Bundeshaus gewandt. Denn nach Grütters Argumentation geht es bei der Revision des Fernmeldegesetzes um nichts Geringeres als darum, "gute Rahmenbedingungen für die Digitalisierung der Schweiz zu schaffen".

Webcode
3126

Meist gelesen

» Mehr News