Die Zukunft des Zahlungsverkehrs
Click to Pay, Instant Payments, Stable Coins, Open Banking. Alle diese Schlagwörter waren am Swiss Payment Forum im Zürcher Mariott Hotel häufig zu hören. Die Schweizer Zahlungsverkehrsbranche richtete den Blick vor allem nach vorne.
Man muss am Puls der Zeit bleiben, um konkurrenzfähig zu bleiben. Deswegen möchte man am Swiss Payment Forum 2022 mehr in die Zukunft blicken, sagte Sandro Graf, ZHAW-Dozent und Moderator der Veranstaltung, zur Eröffnung des Forums. Gemeinsam mit Nicole van Mulert, Event Director beim Veranstalter Vereon, begrüsste Graf die Teilnehmenden und Referierenden der elften Ausgabe des Forums.
Sandro Graf, ZHAW-Dozent und Moderator des Swiss Payment Forum. (Source: Swiss Payment Forum)
Zuerst schaute man aber in die Vergangenheit. Den ersten Vortrag hielten Lars Goerke vom Zahlungssystem-Lösungsanbieter van den Berg und Tobias Ott von der deutschen Teambank. In Deutschland war Teambank die erste Bank, welche die sogenannten "Instant Payments" einführte. Diese Zahlung werden in unter 3 Sekunden vollzogen und sollen vieles einfacher machen für die Kundschaft. Die Referenten beschreiben den Prozess der Einführung dieser "Instant Payments" und gaben Lessons Learned und Tipps ans Schweizer Publikum weiter. In der Schweiz sollen Instant Payments bei Grossbanken erst im August 2024 und für die übrigen Banken gar erst ab November 2026 eingeführt werden.
Twint auf dem Vormarsch
Etwas konkreter und schweizerischer wurde es bei der nächsten Präsentation des Softwarehauses Treibauf. Diese entwickelt Schnittstellen-Software für den Zahlungsverkehr und gab bei der ZHAW eine Händlerbefragung zum bargeldlosen Zahlungsverkehr in der Schweiz in Auftrag.
Die Resultate der Studie präsentierte Marcel Stadelmann von der ZHAW School of Management and Law. Man habe 102 Händler in der ganzen Schweiz befragt, die alle über mindestens ein stationäres Geschäft verfügen. Bei 85 Prozent der Unternehmen handle es sich um KMUs.
Marcel Stadelmann (l.) von der ZHAW und Dominique Bächler von Treibauf. (Source: Swiss Payment Forum)
Einheitlich ist jedoch: Sämtliche befragten Unternehmen akzeptieren im stationären Handel Bargeld. Die überwiegende Mehrheit akzeptiert auch Kreditkarten (99 Prozent) und Debitkarten (97 Prozent). Auch Twint wird bei mehr als drei Viertel der Schweizer Händler akzeptiert (77 Prozent).
Bargeldzahlungen machen jedoch für 70 Prozent der Unternehmen nur weniger als 20 Prozent des Umsatzes aus, Kartenzahlungen hingegen sorgen bei den meisten Händlern für zwischen 20 und 50 Prozent des Umsatzes. Auch Twint wird eher für kleinere Zahlung genutzt.
Bei den Händlern, welche auch einen Onlineshop betreiben, ist die Kreditkarte das am häufigsten akzeptierte Zahlungsmittel (93 Prozent), gefolgt von Twint (76 Prozent) und dem Kauf auf Rechnung (72 Prozent).
Der auf dem Sand tanzt
Fabian Meyer vom Technologie-Think-Tank Core sprach in seinem Referat mit dem klingenden Titel "Dancing on shifting sands" über drei Paradigmen, welche den Zahlungsverkehr derzeit ausmachen und sich gegenseitig beeinflussen würden. So gebe es Innovation bei etablierten Zahlungsprodukten, etwa mit "unsichtbaren" Zahlungen dank "Card-on-File"-Lösungen. Neben Zahlungen, die nicht einmal mehr autorisiert werden müssen, entwickeln Kartenhersteller auch immer neue Autorisierungsmethoden wie etwa "Pay with your face".
Gleichzeitig kommen immer mehr offene Standards auf, welche neue Innovation überhaupt möglich machen. Als Beispiel nennt Meyer hier die "Instant Payments" welche derzeit über einen europäisch einheitlichen Standard EU-weit gepusht werden. Auch das dritte Paradigma "Dezentrale Zahlungen" soll die Innovation unter den klassischen Anbietern befeuern, während man im DeFi-Space gänzlich neue Zahlungsweisen erschliesse.
Santosh Ritter, Country Manager Schweiz und Liechtenstein von Visa, liess die Geschichte des Kreditkarten-Riesen Revue passieren. Er sprach aber auch über die Pläne des Unternehmens im Zeitalter von Embedded Finance und Krypto.
Santosh Ritter während seiner Präsentation. (Source: Swiss Payment Forum)
Für die Schweiz kündigte Ritter etwa an, dass Visa ab Februar/März 2023 das "Click to Pay"-System einführen werde. Die Idee dahinter: Wer seine Kreditkarte erst einmal autorisieren liess, kann damit immer wieder bezahlen, ohne jedes Mal die Kreditkartennummer, Ablaufdatum und CVV eingeben zu müssen.
Vertrauen vor Bequemlichkeit
Da aktuell "Cardless"-Zahlungen immer beliebter würden, fokussiere man mehr und mehr alternative Zahlungslösungen, sagte Jacqueline Good Ziltener, Senior Payments Specialist beim Zahlungsdienstleister Wordline Schweiz (früher SIX Payments Services). Der Bezahlvorgang soll künftig noch automatisierter erfolgen und bequemer werden. Wichtiger als die Bequemlichkeit sei jedoch das Vertrauen der Kundschaft in den Zahlungsprozess.
Weg von der Tradition und hin zur Moderne ging es im Referat von Gregor von Bergen vom Beratungsunternehmen Capco. Er berichtete über Stable Coins und deren möglichen künftigen Nutzen für modere Zahlungsunternehmen.
Noch weiter in die Zukunft blickte allerdings Lars Thomsen, Zukunftsforscher vom Institut "Future Matters". Seine Keynote behandelte jedoch nicht spezifisch den Bereich Payments, stattdessen blickte Thomsen grundsätzlich in die Zukunft.
Lars Thomsen, Zukunftsforscher bei Future Matters. (Source: Swiss Payment Forum)
Der "Megatrend" der kommenden Dekade sei das sogenannte "Ende der Dummheit". Damit sei jedoch nicht die menschliche Dummheit gemeint, sondern die der Maschinen. Thomsen behauptete, dass wir ab 2026 keine Antwort-E-Mails mehr schreiben würden, da Programme dank maschinellem Lernen bereits wüssten, wie wir unsere Antwort verfassen würden und diese automatisch verschicken.
Networking beim Essen. (Source: Swiss Payment Forum)
Technologie-agnostische Regulierung
Am zweiten Tag der Veranstaltung stand das Schlagwort Metaverse auf der Agenda. Silvan Thoma von PWC sprach jedoch über Decentralised Finance (DeFi) und die nötigen Regulierungen für dieses Feld. Für DeFi gebe es keine einheitliche Definition, daher sei es schwierig, festzulegen, wer für die Regulierung überhaupt zuständig ist.
Silvan Thoma, PWC. (Source: Swiss Payment Forum)
Doch es brauche Regulierungen, wenngleich die Festlegung von Zuständigkeit im gewissen Masse das "Ende von DeFi" bedeuten würde. Er begrüsse den "technologie-agnostischen" Regulierungsansatz der Finma, sagte Thoma. Einlagen müssten gesichert werden, egal, ob diese in einem Smart Contract oder einer traditionellen Bank stecken.
Es brauche jedoch spranationale Einrichtungen, die weltweit gültige Guidelines festlegen könnten, da DeFi nicht an Landesgrenzen gebunden sei.
Postfinance Pay
David Kauer, Customer Journey Owner und Mitglied der Geschäftsleitung bei Postfinance, stellte "Postfinance Pay" vor, ein neues Payment-Feature der Bank. Es handle sich um ein neues Online-Bezahlsystem, das man direkt mit einem Postfinance-Konto verbinden könne. Ausser Zahlungsinformationen würden dort auch Adress- und Geburtsdaten hinterlegt. Kauer erwähnte das Beispiel eines Online-Weinshops, um den Nutzen des Systems zu demonstrieren.
David Kauer, Customer Journey Owner und Mitglied der Geschäftsleitung bei Postfinance. (Source: Swiss Payment Forum)
Der User wählt eine Weinflasche aus und klickt dann auf den Warenkorb. Statt ein Konto anlegen oder Formulare ausfüllen zu müssen, klickt man auf den "Postfinance Pay"-Button. Das System kenne das (verifizierte) Geburtsdatum und könne so bestätigen, dass der Kunden den Wein auch tatsächlich kaufen darf. Da beim Postkonto auch eine Anschrift hinterlegt ist, weiss der Onlineshop automatisch, wohin die Bestellung geht, wie Kauer sagte. Der User müsse nur noch in der Postfinance-App den Kauf bestätigen.
Das System lasse sich auch nutzen, um wiederkehrende Zahlungen auszuführen, etwa für ein Streamingabo. "Postfinance Pay" soll ab Mitte 2023 verfügbar sein. Man hoffe, dass das Feature "ab 2024 in jedem Schweizer Onlineshop" integriert sei, sagte Kauer.
Eine Reise durch das Metaverse
Martha Böckenfeld, selbsternannte "Metaverse-Evangelista" und Dekanin der Metaverse Academy Zurich, machte einen Rundumschlag und sprach über NFTs, VR-Erlebnisse, den Handel mit virtuellen Grundstücken, Play-To-Ear-Games und digitale Konzerte.
Martha Böckenfeld bezeichnet sich als "Metaverse-Evangelista". (Source: Swiss Payment Forum)
Es gebe noch keine einheitliche Definition dafür, was das Metaverse eigentlich sei. Doch für die Rednerin steht fest: Das Metaverse sei die "Zukunft des Internets". Es habe enormeres Potenzial, auch finanzieller Natur, und gerade deswegen sei es auch für Banken interessant, sagte sie. Als Beispiel führte Böckenfeld die virtuelle Bankfiliale von Sygnum an. Was genau die Kryptobank mit dieser Decentraland-Bankfiliale vorhat, lesen Sie im Interview mit CEO Mathias Imbach.
Innovation-Panel
Nach der breiten Einführung ins Metaverse wurde es wieder konkreter mit dem sogenannten "Innovation Panel" des Swiss Payment Forums. Hier stellten sich mehrere Start-ups im Bereich Digital Banking vor pitchten ihre Zukunftsvisionen. Anschliessend kürte das Publikum den Gewinner.
Am diesjährigen Panel nahmen teil:
Yuh - ein Joint Venture von Swissquote und Postfinance, das unlängst zur günstigsten Neobank der Schweiz gekürt wurde.
Kaspar& - eine Investing-App, die mit Rundungsbeträgen investiert. Entwickelt vom gleichnamigen Spin-off der ETH Zürich und der HSG, seit Juli auch mit Beteiligung der BLKB.
uMushroom - eine Community-basierte Anlageberatungs-App, die jungen Menschen zeigen soll, wie man richtig investiert.
Als Gewinner des Innovationpanels und eines Gutscheins für einen Gratiseintritt zum Swiss Payment Forum 2023 ging Kaspar& hervor - mit 40 Prozent der Stimmen (Yuh: 35 Prozent; uMushroom: 25 Prozent).
Kaspar& gewinnt einen Gutschein für das nächste Swiss Payment Forum. (Source: Netzmedien)
Die nächste Ausgabe des Events geht übrigens am 13. und 14. November 2023 über die Bühne.