Swiss Council Congress 2024

Der Aufschwung der Dienstleistungen und wie Händler diesen nutzen

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von Sara Meier und cka, yzu

Der Swiss Council of Shopping Places lud zum sechsten Swiss Council Congress im Metropol in Zürich. Rednerinnen und Redner sprachen über die Herausforderungen und Chancen des Detailhandels und von Shoppingcentern. Speziell Dienstleistungen und Erlebnisse sehen die Referierenden als Chance für den Detailhandel.

Marcel Stoffel vom Swiss Council of Shopping Places führte durch die Veranstaltung. (Source: Netzmedien)
Marcel Stoffel vom Swiss Council of Shopping Places führte durch die Veranstaltung. (Source: Netzmedien)

Am 19. Juni 2024 haben sich die Mitglieder des Swiss Council of Shopping Places (SCSP) zum jährlichen Swiss Council Congress getroffen. Die sechste Ausgabe des Events markierte 50 Jahre Shopping Center Schweiz und fand im Metropol in Zürich statt. Neben der Möglichkeit zum Networking warteten Referate rund um die Themen Wirtschaft, Consumer Trends und Shopping Center. Durch die Veranstaltung führte Marcel Stoffel, der CEO von SCSP. 

Von Konsumgütern zu Dienstleistungen

Der Vormittag war geprägt von Wirtschaftszahlen. So stellte Meret Mügeli, Detailhandelsexpertin bei der UBS Switzerland, einen Rück- und Ausblick auf die Schweizer Wirtschaft und den Detailhandel vor. Die Gesamtwirtschaft sei mit einem leichten Wachstum ins Jahr 2024 gestartet. Gedämpft wird dieses unter anderem aufgrund der eher schwachen europäischen Konjunktur. Diese soll sich aber wieder erholen und 2025 einen Aufschwung erleben. Auf globaler Ebene sei mit einer leichten Verlangsamung des Wachstums zu rechnen.

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Meret Mügeli, Detailhandelsexpertin der UBS Switzerland. (Source: Netzmedien)

Nachdem die Umsätze im Vorjahr rückläufig waren, erholte sich der Detailhandel etwas und startete mit einem leichten Wachstum ins Jahr 2024. Laut der Expertin sind eine Verlangsamung der Inflation durch alle Detailhandelssegmente, eine Entspannung der Lieferengpässe und ein stabiler Arbeitsmarkt verantwortlich für das Wachstum. Demgegenüber stehen die überdurchschnittlich stark gewachsenen Krankenkassenprämien. Generell erwartet die UBS-Expertin ein leichtes Wachstum der Detailhandelsumsätze im Jahr 2024. 

Derzeit gebe es einen Verschiebungseffekt weg von Konsumgütern zu Dienstleistungen, die nach der Pandemie wieder an Beliebtheit gewinnen. "Die grössten Ausgaben neben dem Detailhandel sind andere Dienstleistungen wie Restaurants oder Ferien im In- oder Ausland", sagt Mügeli. 

Weiter ging es mit einer Präsentation von Alexandra Scherrer, CEO von Carpathia. Sie berichtete über den Event "Score!" von Carpathia, zu dem Sie hier mehr lesen. 

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Alexandra Scherrer, CEO und Co-Ownerin von Carpathia. (Source: Netzmedien)

Individualität, Qualitätsanspruch und Erlebnisse prägen die Trends

Anja Reimer, Client Business Partner bei GfK Switzerland, präsentierte die wichtigsten Consumer Trends, die GfK Switzerland durch Befragungen zu Konsumgewohnheiten, Erwartungen und Lebenseinstellungen herausfand. 

ARAnja Reimer, Client Business Partner von GfK Switzerland. (Source: Netzmedien)

Anja Reimer, Client Business Partner bei GfK Switzerland, präsentierte die wichtigsten Consumer Trends, die GfK Switzerland durch Befragungen zu Konsumgewohnheiten, Erwartungen und Lebenseinstellungen herausfand. 

Zu den wichtigsten Trends gehören weiterhin Umweltfreundlichkeit, hohe Qualitätsanforderungen und Individualität. Der Trend hin zu Refurbished- und Second-Hand-Produkten ist weiterhin ungebrochen. Rund 32 Prozent der Befragten gaben an, in Zukunft weniger, dafür hochwertige Dinge besitzen zu wollen. Dadurch ergibt sich laut GfK eine Chance für Händler, in Qualität zu investieren. So könne man längere Garantien anbieten und dafür auch einen etwas höheren Preis verlangen, denn die Konsumierenden würden diesen gerne bezahlen für den Qualitätsgewinn. 

Ein wachsender Trend stellt "Experience Above All" dar. So geben 65 Prozent der Befragten an, dass es ihnen wichtig ist, das Leben zu geniessen. Ein grosser Teil der Befragten, nämlich 61 Prozent, geht weiterhin mindestens einmal pro Woche shoppen. Laut Reimer ergibt sich dadurch eine Chance für Händler, im stationären Handel vermehrt in Erlebnisse und Service zu investieren, um der Kundschaft ein besseres Einkaufserlebnis bieten zu können. 

GfK veröffentlichte übrigens eine Publikation zum Detailhandel in der Schweiz im Jahr 2024. Mehr dazu lesen Sie hier

Shopping Center im Wandel der Zeit

Dagmar Jenni, Direktorin der Swiss Retail Federation, und Patrick Stäuble, CEO des Shoppi Tivoli, standen für ein Panelgespräch zur Verfügung. Stäuble präsentierte die Bemühungen des Shoppi Tivolis, um Besuchenden ein besseres Erlebnis zu bieten. So seien die WCs im Shoppi Tivoli im wahrsten Sinne des Wortes zu einem "stillen Örtchen" geworden, an dem man auch etwas verweilen kann und wo man sich etwas vom Trubel im Shopping Center erholen könne. Neben einer hellen Inneneinrichtung gibt es ein Sofa, auf dem sich Besuchende ausruhen können. 

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Patrick Stäuble, CEO Shoppi Tivoli, und Dagmar Jenni, Direktorin Swiss Retail Federation. (Source: Netzmedien)

Des Weiteren führte Stäuble die Wichtigkeit der Nebenkostenverringerung ins Feld. Die Betriebskosten seien zwischen 2011 und 2023 um 2,5 Millionen Franken gesunken. 

Die Direktorin der Swiss Retail Federation stimmte im Vergleich zum Shoppi-Tivoli-CEO etwas negativere Töne an. Sie belasten die hohen Kosten in der Schweiz, welche es schwierig machen, preiskompetitiv zu sein. Es sei schwierig, der Kundschaft dies zu vermitteln. 

Auch zum chinesischen Onlinehändler Temu äusserte sich die Direktorin. "Wir begrüssen Wettbewerb in der Schweiz, aber es stört uns, dass sich Temu unseres Erachtens weder an Preisbekanntgabeverordnungen noch an das Gesetz zu unlauterem Wettbewerb hält", so die Direktorin. Jedoch könne man von Temu viel lernen, was Marketing anbelangt. "Aber wir fordern gleich lange Spiesse für alle."

Jenni sprach noch ein weiteres Reizthema an. "Der Einkaufstourismus ist uns ein Dorn im Auge, aus demselben Grund wie Temu. Wir verstehen nicht, wieso es der Schweizer Staat fast noch intensiviert, dass Leute im Ausland einkaufen", sagte Jenni. "Leute, die im Ausland einkaufen, sollen auch einen Beitrag an die Infrastruktur in der Schweiz leisten und die Schweizer Mehrwertsteuer auch zahlen."

Der Shoppi-Tivoli-CEO stimmte ihr zu. Ungleichheiten seien so alt wie das Retailgeschäft selbst, sagte Stäuble. "Es wird Zeit, dass die Schweiz Ordnung schafft, online sowie stationär." In die Zukunft schaut die Direktorin der Swiss Retail Federation eher pessimistisch. "Die Kosten- und Preisentwicklungen machen mir Sorgen. Die Preissensitivität der Kundschaft in der Schweiz hat sich verändert."

Aufgrund dieser Preissensitivität nutzen Konsumierende öfters auch im stationären Handel ihr Handy, um Preisvergleiche durchzuführen und mehr Informationen zu erhalten. Mehr dazu lesen Sie hier

Von Geschäftszentren und City-Management

LoF

Christoph Eschmann und Lukas Ottiger von Leap of Faith. (vl.) (Source: Netzmedien)

Vor der Mittagspause stellte Stefan Feldmann, Head The Circle vom Flughafen Zürich, klar, dass es sich beim Circle nicht um ein gescheitertes Projekt handle. "Wir sind kein erfolgloses Shoppingcenter, sondern ein Business- und Geschäftszentrum", sagte Feldmann. Die Vermietungsquote liege bei über 90 Prozent und die mietenden Unternehmen würden ihre Flächen sogar eher vergrössern als verkleinern wollen. In Zukunft wolle man den Circle mit Showrooms, Coworking-Spaces und Weiterbildungsmöglichkeiten anreichern. 

Nach einem Lunch-Referat zu agiler Strategie, der Vorstellung der Swiss Council Agenda 2024 und einem Exkurs in die Welt der traditionellen Warenmärkte stellten Lukas Ottiger und Christoph Eschman von Leap of Faith (LoF) ihr City-Management der Stadt Schaffhausen vor. Die Brand-Experience-Agentur LoF konnte ein Mandat der Stadt ergattern und hat den Auftrag, den Ort attraktiver zu machen. 

Dabei setzt LoF stark auf ein eigenes Webportal und auf Instagram, um neue Massnahmen und Events anzukünden. Eine umgesetzte Massnahme ist der "First Friday", ein Konzept, das ursprünglich aus den USA kommt. Jeden ersten Freitag im Monat findet in der Statt eine Veranstaltung statt, um mehr Leute in die Stadt zu locken und so mehr Kundschaft für die örtlichen Betriebe zu gewinnen. Das Ziel sei es, Schaffhausen ähnlich wie ein Einkaufszentrum zu vermarkten. 

Nespressos Consumer Experience

Der Kaffeehersteller Nespresso ist auf den Trend zu mehr Erlebnissen beim Einkaufen aufgesprungen. Am Shopping-Center-Event erklärte Pierre Besnard, B2C Commercial Manager von Nespresso Switzerland, wie Nespresso seine Verkaufsflächen neugestaltete und was die Überlegungen dahinter sind. 

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Pierre Besnard, B2C Commercial Manager von Nespresso Switzerland, präsentiert seine aus recycelten Nespresso-Kapseln gefertigte Uhr. (Source: Netzmedien)

Grundsätzlich frischt Nespresso seine Filialen, genannt Boutiquen, alle fünf Jahre auf und verpasst ihnen ein neues Konzept. Wichtig sei heutzutage ein transparentes Design des Ladens von aussen, so dass man sehen kann, was drinnen vor sich geht und was die Kundschaft erwartet. In den Boutiquen setze Nespresso nicht mehr auf fest installierte Kassen, denn diese würden durchgehend eine Mitarbeiterin oder einen Mitarbeiter an sich binden. Stattdessen können Mitarbeitende auf Kundinnen und Kunden zugehen, diese beraten und anschliessend einen Verkauf abwickeln. 

In einer Erlebnisecke sollen Kunden ihre Kapseln recyceln können. Dort wird der Kundschaft gezeigt, was mit dem wiederverwerteten Aluminium geschieht. Des Weiteren gibt es in der Boutique eine Coffee-Bar zum Testen verschiedener Kaffees, eine Lounge mit Sofas und Tischen sowie eine Ecke, in der Kundinnen und Kunden personalisierte Accessoires herstellen können. Gerade diese Ecke sei in der Boutique in Zürich sehr beliebt, so Besnard. Auch Events führe Nespresso regelmässig in seinen Boutiquen durch, um Kundinnen und Kunden ein Erlebnis bieten zu können. 

Zum Abschluss der Veranstaltung sprach Fabian Wengeler, Head of Real Estate Concepts and Acquisition der SBB, über die Sanierung des Südtraktes des Hauptbahnhofs. Neben einer "umfassenden und tiefgreifenden Schönheits-OP" bekam der Südtrakt eine Fläche von 2299 Quadratmeter für Retail- und Gastroangebote. Durch den Mietermix soll der Bahnhof laut Wengeler zu einem "attraktiven Treffpunkt am Puls der Zeit" werden. Zudem setzen die SBB auf "Local First", da lokale Produkte und Dienstleistungen weiterhin im Trend seien. 

Nach den Referaten liessen die Teilnehmenden den Anlass bei einem Apero in der Outside-Lounge des Veranstaltungsortes ausklingen. Der nächste Swiss Council Congress soll am 25. Juni 2025 stattfinden, voraussichtlich wieder im Metropol in Zürich.

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