Bezahl-Apps gewinnen an Bedeutung – doch Bargeld bleibt beliebt
Mobile Payment ist auf dem Vormarsch. Über zwei Drittel der Schweizer Bevölkerung haben inzwischen eine Bezahl-App auf ihrem Handy installiert. Der Trend in Richtung bargeldloses Bezahlen geht weiter – doch eine Abkehr vom Bargeld kommt für fast niemanden infrage.
Während der Coronapandemie sah es noch so aus, als ob das Bargeld aus dem Zahlungsverkehr verschwinden würde – schneller als zuvor gedacht. Tatsächlich verschiebt sich die Zahlungsmittelnutzung weiter von Bargeld hin zu bargeldlosen Zahlungsmitteln – allerdings hat sich dieser Trend verlangsamt, wie aus einer Befragung der Schweizerischen Nationalbank (SNB) hervorgeht.
Den Ergebnissen zufolge gaben 36 Prozent der Befragten an, Bargeld für alltägliche Zahlungen zu nutzen. Zum Vergleich: 2020 lag der entsprechende Anteil bei 43 Prozent; 2017 sogar noch bei 70 Prozent.
Die Nutzung von Debit- und Kreditkarten (33 respektive 13 Prozent) bleibe indes stabil, stellt die SNB fest. Zahlkarten würden bei nahezu jeder zweiten alltäglichen Transaktion zum Einsatz kommen, am häufigsten unter Anwendung der Kontaktlos-Funktion (75 Prozent).
Aufstieg der Bezahl-Apps
Bezahl-Apps wie etwa Twint oder Apple Pay gewinnen an Bedeutung. 11 Prozent der Transaktionen würden inzwischen über solche Lösungen abgewickelt – um 6 Prozentpunkte mehr als noch vor drei Jahren. Wer solche Apps nutzt, ersetzt damit sowohl das Bargeld wie auch bargeldlose Zahlungsmittel.
Der Aufstieg der Bezahl-Apps zeigt sich nicht nur im Zahlungsverkehr, sondern auch im Downloadverhalten. 68 Prozent der Befragten hätten inzwischen eine Bezahl-App auf ihrem Smartphone installiert. Das sind 20 Prozentpunkte mehr als noch 2020.
Die Verbreitung von Bezahl-Apps nimmt stark zu: Seit 2017 hat sich der entsprechende Anteil mehr als versechsfacht. (Source: SNB)
Twint is King
Hierzulande kann sich Twint, die Bezahl-App der Schweizer Banken, weiterhin gegenüber den Lösungen der Tech-Konzerne behaupten. 78 Prozent der Befragten hätten auf ihrem Handy Twint installiert – 1 Prozentpunkt mehr als vor drei Jahren. Andere Apps wie Apple Pay oder Google Pay kommen auf deutlich tiefere Anteile, wie die SNB schreibt.
Wer Twint & Co. nutzt, tut dies in 90 Prozent der Fälle für Zahlungen an Privatpersonen (5 Prozentpunkte mehr als noch vor drei Jahren). 58 Prozent der Befragten gaben an, Bezahl-Apps für Einkäufe im Internet zu verwenden (+10 Prozentpunkte). Und 51 Prozent nutzen Bezahl-Apps zur Zahlung an der Ladenkasse (+7 Prozentpunkte).
Bezahl-Apps wie Twint kommen vor allem für Transaktionen zwischen Privatpersonen zum Einsatz. (Source: SNB)
Gemessen am Transaktionswert der alltäglichen Zahlungen hat sich der Wertanteil der Bezahl-Apps gegenüber 2020 auf 8 Prozent verdoppelt. Zum Vergleich: Der Wertanteil der Debitkarte bleibt mit 33 Prozent unverändert hoch, gefolgt von Bargeld mit 20 Prozent, dessen Wertanteil in den vergangenen drei Jahren um 4 Prozentpunkte sank.
Bargeldlos, ohne vom Bargeld loszulassen
Die SNB folgert aus den Ergebnissen: Der Trend in Richtung bargeldlosem Bezahlen dürfte sich in den kommenden Jahren fortsetzen. Insbesondere Bezahl-Apps dürften für die Bevölkerung eine zunehmend wichtigere Rolle spielen. Denn auf die Frage, welches Zahlungsmittel in Zukunft öfter benutzt wird, nannten die Befragten die Bezahl-Apps (48 Prozent) zum ersten Mal häufiger als die Debitkarte (35 Prozent).
Dennoch möchte die Mehrheit der Bevölkerung Bargeld in Zukunft nutzen können. Das trifft auch auf jene zu, die kaum in Cash bezahlen. Praktisch die gesamte Bevölkerung möchte also auch künftig zwischen Bargeld und bargeldlosen Zahlungsmitteln wählen können.
Über die Umfrage
Das Marktforschungsinstitut Demoscope führte die Umfrage im Auftrag der SNB im vergangenen Herbst durch, und zwar zum dritten Mal nach 2017 und 2020. 2000 Personen mit Wohnsitz in der Schweiz nahmen an der Befragung teil. Sie wurden im Rahmen von telefonischen Interviews zu ihrem Zahlungsverhalten befragt. Im Anschluss daran erfassten die Personen in einem Zahlungstagebuch ihre alltäglichen Zahlungen, beispielsweise Ausgaben im Supermarkt, im Restaurant oder im Onlinehandel). Zusätzlich wurden die Befragten dazu aufgefordert, Angaben zu regelmässig wiederkehrenden Zahlungen wie etwa Ausgaben für Miete oder Versicherungsprämien zu notieren.
Die kompletten Ergebnisse der Befragung stehen online bereit (PDF).
Übrigens: Am Point of Sales dürfte es für Twint schwierig werden, sich gegenüber Debitkarten oder auch Bargeld durchzusetzen, sagte Andreas Dietrich, Leiter des Instituts für Finanzdienstleistungen an der Hochschule Luzern, im Interview. Darin spricht der Leiter der Mobile-Payment-Studie der HSLU auch darüber, warum sich Mobile Payment in der Schweiz vergleichsweise langsam durchsetzt und was Seamless Payment mit den Konsumentinnen und Konsumenten macht.