Batterien für die Mobilität von morgen
Leistungsstarke Batterien sind der Schlüssel zur flächendeckenden Elektromobilität. ETH Pioneer Fellow Paul Baade erforscht, wie man sie günstiger herstellen kann.
Von 0 auf 100 km/h in 2,6 Sekunden. Eine Spitzengeschwindigkeit von 120 km/h. Und all dies betrieben von einer Batterie. Dies ist "julier", der erste Elektro-Rennwagen, der 2013 einen Formula-Student-Wettbewerb gewinnt, bei dem auch Autos mit Verbrennungsmotor im Teilnehmerfeld sind. Mitverantwortlich für die Batterie ist Paul Baade, damals 22-jähriger Maschinenbaustudent an der ETH Zürich. Ein ganzes Jahr lang schraubt und tüftelt Baade gemeinsam mit einem Team von ETH-Studierenden an dem Boliden, nimmt an Rennen in ganz Europa teil und gewinnt zahlreiche Preise und Auszeichnungen.
"Unser Ziel war, das schnellste Auto zu bauen. Da ist die Batterie auf Grund ihres Gewichtes ein entscheidender Faktor", blickt Baade auf diese Zeit zurück. Dem Bachelorstudenten ist damals schnell klar, dass Lithium-Ionen-Batterien der Schlüssel zur Elektromobilität von morgen sind. Heute ist der 30-jährige Deutsche ein ETH Pioneer Fellow und erforscht, wie man leistungsstarke Batterien günstiger herstellen kann. Denn aktuell sind Elektroautos noch zu teuer, um solche mit Verbrennungsmotoren flächendeckend zu ersetzen. Der zentrale Kostentreiber: die Batterie. "Wenn wir im Individualverkehr von fossilen Brennstoffen wegkommen wollen", so Baade, "brauchen wir günstigere und bessere Batterien."
Paul Baade im Labor. (Source: Screenshot https://www.youtube.com/watch?v=M8wtYFetqDs&t=1s)
Formula Student als prägende Erfahrung
Die Teilnahme an der Formula Studentcall_made, einem der weltweit grössten Wettbewerbe für Ingenieure, prägt Baade bis heute. Auch acht Jahre später, erzählt er in seinem Labor in Rüschlikon mit Begeisterung von dieser Zeit: "Man steht in der Werkstatt und setzt das um, was man vorher geplant hat, verbaut Teile, die man selbst am Computer entworfen hat. Da habe ich sehr viel gelernt." Eine Frage wird Baade nicht mehr loslassen: Wie genau funktionieren Batterien?
Im Rahmen seines Masterstudiums an der ETH beschäftigt er sich zunächst immer intensiver mit den in Batterien verbauten Materialien. Er belegt Fächer über Micro- und Nanotechnologie, um das Innenleben einer Batterie besser zu verstehen. Für seine Masterarbeit wechselt er ans renommierte Lawrence Berkeley National Laboratory, wo er eine spezielle Form von Titaniumdioxid als Anodenmaterial untersucht. Um das schwer zugängliche Diffusionsverhalten innerhalb der Batterie besser beobachten und analysieren zu können, baut er sogar eine Batterie mit Glasfenster.
Es ist diese praktische Herangehensweise, die Baade auszeichnet. Er entwickelt im Laufe seines Studiums immer wieder Prototypen und Testaufbauten, um Zusammenhänge direkt zu testen und zu optimieren. Sein Fokus verschiebt sich dabei immer mehr in Richtung verfahrenstechnischer Umsetzung. Denn wer diese zu wenig berücksichtigt oder nicht versteht, so Baade, laufe Gefahr, sich ständig an unrealistischen Ideen abzuarbeiten.
Beschichten im Eiltempo
Für sein Doktorat kommt Baade 2016 zurück an die ETH, um sich am Binnig and Rohrer Nanotechnology Center, das die ETH Zürich gemeinsam mit IBM in Rüschlikon betreibt, vertieft mit der Produktion günstiger Lithium-Ionen-Batterien zu beschäftigen. Gemeinsam mit seiner Betreuerin Vanessa Wood, die heute als Vizepräsidentin für den Wissenstransfer und die Wirtschaftsbeziehungen der ETH verantwortlich ist, entwickelt er einen neuen Herstellungsprozess für Festkörperbatterien.
Er konzentriert sich dabei vor allem auf das Beschichtungsverfahren. Um dieses unter möglichst realen Bedingungen simulieren und optimieren zu können, baut der ETH-Ingenieur eine Produktionsanlage im Miniaturformat. Baade zeigt auf seiner eigenen Testanlage, dass man die Beschichtungsgeschwindigkeit im Vergleich zu gängigen Industrieanlagen verdoppeln kann, wenn man dünnere Schichten aufträgt. Das Potenzial der Technologie ist beeindruckend: Es kann nicht nur zehn Mal mehr produziert werden, was die Produktionskosten erheblich sinken lässt, auch der Ladevorgang wird verkürzt, da dünnere Schichten schnellere Laderaten ermöglichen.
Doch damit nicht genug: "Die grössten Vorteile bringt die schnellere Beschichtung bei Batterien mit Festkörperelektrolyten", erklärt Baade. Bei den meisten Lithium-Ionen-Batterien werden heute flüssige Elektrolyte verwendet, da diese eine etwas höhere Leitfähigkeit aufweisen. Gleichzeitig sind sie aber leichter entzündbar. Durch Baades beschleunigtes Beschichtungsverfahren kann nun der Nachteil der geringeren Leitfähigkeit kompensiert werden, indem man dünnere Schichten schneller aufträgt. Die Batterie wird dadurch nicht nur billiger und leistungsfähiger, sondern auch noch sicherer.
Vom Labor zur Industrieanwendung
Doch funktioniert die höhere Beschichtungsgeschwindigkeit auch ausserhalb des Labors auf einer richtigen Fabrikanlage? Dieser Frage widmet sich Paul Baade in den kommenden beiden Jahren im Rahmen seines Pioneer Fellowships. "Als nächsten Schritt wollen wir die Skalierbarkeit des Produktionsverfahrens auf einer Pilotanlage testen. Dafür sind wir gerade auf der Suche nach passenden Partnern", sagt der Ingenieur.
Grundsätzlich ist Baade optimistisch, dass sein Verfahren auch auf einer Pilotanlage zu besseren Ergebnissen führt: "Wir konnten bereits auf unserer Testanlage unter vergleichsweise realen Bedingungen produzieren. Die Chancen für eine erfolgreiche Skalierbarkeit sind daher um einiges höher als bei gewöhnlichen Laborversuchen."
Gemeinsam mit seinem Partner Ramesh Shunmugasundaram, auch Postdoc in Vanessa Woods Forschungsgruppe, arbeitet Baade ausserdem gerade an einem Businessplan für eine eigene Firma. "Wir wollen zeigen, dass wir nicht nur günstigere, sondern auch leistungsstärkere Batterien bauen können", erklärt er. Baade ist sich dabei bewusst, dass gute Forschende nicht unbedingt gute Unternehmer sind und es einen langen Atem braucht, um in diesem kompetitiven Marktsegment Fuss zu fassen. Das Pioneer Fellowship mit seinen zahlreichen Coaching- und Networking-Möglichkeiten bietet dafür die perfekte Ausgangsbasis.
Dieser Beitrag erschien zuerst bei der ETH Zürich.
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