Warum Schweizer IT-Händler die Flaute der Kryptowährungen spüren
In der Grafikkartenindustrie herrscht Katerstimmung. Mit dem Kurssturz der Kryptowährungen und dem Aufkommen von Mining-Chips brechen die Umsätze ein. An den Schweizer Händlern geht das nicht spurlos vorbei.
Heute öffnet in Köln die Spielmesse Gamescom ihre Tore. Bis am Sonntag werden Hersteller von Games und Hardware aus aller Welt ihre Produkte präsentieren. Das Interesse dürfte auch in diesem Jahr wieder gross sein. Im vergangenen Jahr zog die Messe mehr 350'000 Besucher an.
Mittendrin im Gaming-Trubel: Hersteller Nvidia. Die Chips des US-Unternehmens stecken in Nintendos Handheld-Konsole Switch und in unzähligen Gamer-Grafikkarten. Gestern Abend enthüllte Nvidia seine neuen Grafikprozessoren mit den Modellnummern RTX 2070, 2080 und 2080 Ti - eine der wichtigsten Ankündigungen im Umfeld der Gamescom.
Ohne Grafikchip läuft kein Game, die Technik kommt aber auch in einem ganz anderen Bereich zum Einsatz. Miner von Kryptowährungen nutzen die hohe Rechenleistung von Grafikkarten, um an der Geldschöpfung von Bitcoin & Co. teilzuhaben. Der Grafikkarten-Markt wurde dadurch gehörig durcheinander gewirbelt. Im vergangenen Sommer waren die Geräte auch in der Schweiz kaum noch zu haben. Ihre Preise kletterten laufend in neue Höhen. Miner bestellten bei den Onlineshops tausende Exemplare auf einmal.
Die Krypto-Welt dreht sich weiter
Seither hat sich in der Krypto-Welt viel getan. Zum einen verbreiteten sich sogenannte ASIC-Systeme zum Mining von Bitcoins immer mehr. Diese sind effizienter als fürs Gaming konzipierte Grafikchips und daher attraktiver für die Krypto-Schürfer, wie etwa "Heise" schreibt.
Zum anderen haben viele Kryptowährungen gemäss "Coinmarketcap.com" in den vergangenen Monaten stark an Wert verloren. Der Wert des Bitcoins liegt dort aktuell bei rund 6500 US-Dollar. Damit lohnt sich der Aufbau von Mining-Systemen weitaus weniger als Ende 2017. Damals war ein Bitcoin fast 20'000 Dollar wert.
Nvidia bescherte die Nachfrage nach Grafikkarten viel Wachstum. Nun habe der Wind aber gedreht, wie "BTC-Echo.de" berichtet. Die Umsätze im Mining-Geschäft seien im zweiten Quartal 2018 eingebrochen. Das Unternehmen habe ausserdem viele Grafikkarten auf Vorrat produziert. Auf diesen bleibe es nun sitzen. Prognosen über die Entwicklung des Mining-Geschäfts wolle Nvidia nicht mehr geben.
Die Grafikkarten sind wieder da
Die Stimmung in der Kryptobranche bekommen Schweizer Hardwarehändler zu spüren. Digitec Galaxus und Media Markt Schweiz sagten auf Anfrage, die Nachfrage nach Mining-fähigen Grafikkarten sei stark zurückgegangen. Bei Brack und dem Schwestershop Alltron sei sie gar "verschwindend klein", die Absätze seit dem Frühjahr rückläufig.
Allerdings sei dies nicht nur auf die Entwicklung beim Mining zurückzuführen, wie Norina Brun von Digitec Galaxus anmerkt. Ein wichtiger Grund für den Rückgang sei auch der bevorstehende Launch von Nvidias neuer GPU-Generation. Keine verminderte Nachfrage sieht dagegen Microspot. Es habe hier vielmehr eine Verschiebung von den Minern hin zu den Gamern stattgefunden.
Entsprechend gebe es mit der Verfügbarkeit keine Probleme mehr - ganz im Gegensatz zum Sommer 2017. Die meisten Modelle seien erhältlich und die Lieferfristen kurz. "Die meisten Hersteller haben übervolle Lager", schreibt Stella Zeco, Sprecherin von Media Markt.
Purzelnde Preise
Sinkende Nachfrage und volle Lager; das erhöht den Druck auf die Preise. Für eine Geforce GTX 1070 von Asus beispielsweise mussten Käufer gemäss "Toppreise.ch" im Frühling 2018 noch rund 650 Franken zahlen. Seither fiel der Preis auf 520 Franken, zwischenzeitlich lag er bei 400 Franken.
Beim Konkurrenten AMD sieht es nicht anders aus. Eine Asus-Karte mit Vega-56-GPU kostet noch 740 Franken, nach 840 im April. Die Händler bestätigen diese Entwicklung. Laut Monika Sachs von Microspot hätten die Preise nach dem Höhenflug 2017 wieder einen "angemessenen Punkt" erreicht. Brack/Alltron sieht einen Trend zu Preisreduktionen.
Miner steigen auf ASIC-Hardware um - folgen die Händler diesem Trend? Digitec Galaxus, Media Markt und die Brack/Alltron-Mutter Competec hätten keine spezialisierte Mining-Hardware im Angebot. Microspot bediene im B2B-Bereich spezialisierte Firmen mit entsprechenden Komponenten, schreibt Monika Sachs.
Ein Ende des Mining-Booms möchten die befragten Händler noch nicht ausrufen, die goldenen Zeiten im Grafikkarten-Markt dürften aber fürs Erste vorbei sein. Competec etwa plane aktuell jedenfalls nicht, weitere Produkte oder Dienstleistungen im Krypto-Umfeld einzuführen, sagt Sprecher Ragulan Vivekananthan.
Bitcoin ist als Zahlungsmittel wenig beliebt
Das Mining von Bitcoin & Co. hat bis vor kurzem bei den Händlern die Nachfrage nach Grafikkarten befeuert. Nach dem Abflauen dieses Geschäfts gehen die Haltungen gegenüber Kryptowährungen auseinander. Digitec Galaxus wolle diese aktuell nicht als Zahlungsmittel im Onlineshop einführen. Schlechtes Image, Wertschwankungen, offene Fragen bei der Buchhaltung und mangelndes Interesse der Kunden sprechen dagegen, zählt Norina Brun die Hürden auf.
Ähnlich klingt es auch bei den anderen Händlern. Grundsätzliche Offenheit signalisiert Competec. Das Unternehmen evaluiere immer neue Möglichkeiten in Punkto Dienstleistungen und Zahlungsarten. "Wir behalten in diesem Sinne Kryptowährungen im Auge", sagt Vivekananthan. Im Moment sei das Kundenbedürfnis aber noch nicht da. "In absehbarer Zukunft lohnt es sich nicht, auf diese Währung umzustellen. Der technische Aufwand wäre im Vergleich zum daraus resultierenden Ertrag zu hoch."