Rummel, Riesenrad und Roboter – so versucht die Cebit den Neustart
Mehr Festival, weniger Krawatte. Die IT-Messe Cebit tritt 2018 mit einem neuen Konzept an, um sich für ein jüngeres Publikum fit zu machen. Die Redaktion hat sich auf dem Messegelände nach Neuheiten, Ideen und Schweizer Ausstellern umgesehen.
Nach dem Konferenzprogramm vom Montag hat die Cebit gestern ihre Tore geöffnet und die ersten Messebesucher empfangen. Sie merkten rasch, dass 2018 in Hannover vieles anders ist. Es gibt sie zwar noch, die grossen Messehallen mit den Ständen von rund 2800 Ausstellern. Das neue Herzstück der Cebit ist aber der sogenannte "d!campus" in der Mitte des Geländes.
Vor dem Eingang deutet noch wenig darauf hin, dass die Cebit 2018 einen Neustart versucht. (Source: Netzmedien)
IT-Chilbi
Auch hier bietet sich Gelegenheit zum Knüpfen von geschäftlichen Kontakten – allerdings in einem Rahmen, den man von der Cebit bis anhin nicht kannte, wie mehrere Besucher bestätigten. SAP baute auf dem Campus ein Riesenrad von 60 Metern Höhe auf.
Der Traum jedes Sales-Mitarbeiters, denn der potenzielle Kunde kann nirgendwohin fliehen: Das SAP-Riesenrad. (Source: Netzmedien)
Bei Intel konnte man sich auf dem Surfbrett versuchen. IBM liess Besucher mit dem "Cloud Lifter" über die Dächer der Hallen hieven. Auf mehreren Bühnen sorgten DJs und Bands für Zwischentöne. Und an allen Ecken luden Bars, Imbissstände und Lounges zum Einkehren ein. All das erinnerte mehr an eine Chilbi, als an eine Fachmesse.
IBM hievte Besucher mit dem "Cloud Lifter" in den bewölkten Himmel über Hannover. (Source: Netzmedien)
Der Rest des Cebit-Areals war in zwei grosse Zonen unterteilt. In drei Hallen standen jeweils IT-Innovationen im Zentrum. Nummer 26 stand etwa ganz im Zeichen von Virtual Reality (VR), Augmented Reality (AR), Robotern und Drohnen. Hier waren auch zwei Schweizer Start-ups zu finden. Sensoryx zeigte einen Datenhandschuh, mit dessen Hilfe man in VR-Umgebungen mit den eigenen Händen navigieren kann. Am Stand von Amaze gab es den Hologramm-Projektor von Kino-mo und verschiedene Lösungen für den Einsatz von 3-D-Technologie im Marketing zu sehen.
Drohnen-Test in Halle 26. (Source: Netzmedien)
Drohnen und Roboter sausten und kurvten an verschiedenen Stellen durch die Halle. Ein autonomes Fluggerät von Emqopter etwa brachte dem Publikum Kuchen. Ganz so, wie es in Zukunft Lieferdrohnen machen könnten, versprachen die Hersteller.
Per Drohne lieferte Emqopter Essen an die Besucher. (Source: Netzmedien)
Neues und Altbekanntes
Verschiedene grosse IT-Hersteller setzten sich auf der Cebit in Szene. Huawei empfing Besucher gleich hinter dem Eingang West mit einem grosszügigen Ensemble von Ständen. Business-Cloud-Anbieter Salesforce belegte gar eine ganze Halle sowie den davor liegenden "Salesforce-Park". IBM positionierte sich im Aussenbereich neben dem Campus in mehreren Pavillons.
Der Titel "grösster Auftritt an der Cebit 2018" geht an Salesforce. Das Unternehmen besetzte eine ganze Halle und den Park davor. (Source: Netzmedien)
Abseits von Campus und Innovations-Hubs konnte man sie dann doch wiederfinden, die klassischen Ausstellerhallen mit ihren endlos wirkenden Reihen von Firmenboxen. Doch auch hier gab es eine Neuerung, die ins Gewicht fällt. Anbieter wurden nicht mehr nach Branchen gruppiert, sondern eher locker nach Themen auf dem Gelände verteilt. Konkurrenten standen sich so nicht mehr wie in früheren Jahren quasi direkt gegenüber.
Im traditionellen Aussteller-Bereich waren Firmen aus China zahlreich vertreten. (Source: Netzmedien)
Auch im klassischen Messebereich waren einige Firmen aus der Schweiz zu finden, etwa der Anbieter von Document-Management-Systemen Kendox oder Full Speed Systems. Der auf Oracle-Lösungen für KMUs spezialisierte Dienstleister trat gleich mit zwei Ständen an der Cebit auf – einen im Bereich Server & Storage und einen im Bereich Cloud.
Sie dürfen auch an der neuen Cebit nicht fehlen: die Stände von insgesamt rund 2800 Ausstellern. (Source: Netzmedien)
Die grösste Präsenz hatte die Schweiz im "Swiss Pavilion" von ICTswitzerland und T-Link in Halle 27. Hier stellten unter einem Dach mehrere Firmen ihre Produkte vor – vom Start-up bis zur ETH Zürich.
Intel brachte das Lufttaxi "Volocopter" mit nach Hannover. (Source: Netzmedien)
Der Roboter kennt weder gut noch böse
Zwischen den Ständen der grossen und kleinen IT-Firmen trafen die Besucher der Cebit immer wieder auf Bühnen, auf denen das Konferenzprogramm vom Montag fortgesetzt wurde. Einer der Höhepunkte am Dienstag war der Aufritt von Marc Raibert, Gründer der Robotik-Firma Boston Dynamics.
Roboter waren an der Cebit 2018 allenthalben zu sehen. Dieses Modell tanzte sogar. (Source: Netzmedien)
Raibert schilderte die Entwicklung von Boston Dynamics zu einem der Spitzenreiter in der Roboterentwicklung. Von den ersten Gehversuchen des "Big Dog" auf schlammigen Wanderwegen bis zum Rückwärtssalto von "Atlas" sei es ein steiniger Weg gewesen.
Huawei hatte eine grosse Präsenz aufgebaut. (Source: Netzmedien)
Fortschritte bei der künstlichen Intelligenz – oder besser: künstlichen Athletik – seien hier eine grosse Hilfe. Bei der Robotik müsse aber auch die Hardware stimmen, zum Beispiel in Form künstlicher Knochen aus dem 3-D-Drucker. So habe Boston Dynamics das Gewicht von Atlas durch neue Materialien kontinuierlich verringern können.
Mit dem digitalen Assistenten "Cimon" schickt IBM seine KI Watson auf die Internationale Raumstation. (Source: Netzmedien)
Das Ziel seiner Firma sei, dass Roboter eines Tages alles machen könnten, was Menschen heute schon selbstverständlich tun, sagte Raibert. Zunächst würden Roboter in der Unterhaltungsbranche, im Sicherheitsbereich oder für die Arbeit in besonders gefährlichen Umgebungen zum Einsatz kommen. Blicke man etwas weiter in die Zukunft, werde man sie auch in der Logistik und in der Betreuung von pflegebedürftigen Menschen brauchen.
E-Autos wie der "e.GO Life" gab es auf der Cebit in einer Halle zum Thema Mobilität. (Source: Netzmedien)
Auf das schlechte Image von Robotern in der Öffentlichkeit angesprochen, zeigte sich Raibert unbeeindruckt. Es stimme schon: "Das Hollywood-Bild des bösen Roboters beeinflusst, wie die Leute Boston Dynamics wahrnehmen“, sagte er. Doch das habe mit dem, was die Firma tatsächlich mache, wenig zu tun.
Intel gab den Besuchern die Gelegenheit zum Wellenritt. (Source: Netzmedien)
Am Ende sei Technologie weder gut noch böse, argumentierte Raibert. Es seien die Menschen, die sie mit schlechten Absichten missbrauchen könnten. Der Nutzen, den die Allgemeinhait aus der Robotik ziehen könne, sei aber grösser als die potenziellen Gefahren. Wir müssten uns jetzt auf die Chancen konzentrieren und nicht wegen der Risiken aufhören, sagte er.
Das Festivalgelände der Cebit war gut besucht. (Source: Netzmedien)
Der erste Tag der Cebit ging mit einem Konzert der schwedischen Rockband Mando Diao zu Ende. Schon jetzt lässt sich sagen, das neue Campus-Gelände zog die Besucher auch bei bewölkten Himmel an. Die diversen Freizeitaktivitäten waren gut besucht. Wie die Aussteller die Messe in den Hallen erlebten, werden die kommenden Tage zeigen. Die Cebit läuft noch bis und mit Freitag.