Mystery-Shopping: "Sooo muss Beratung!"
5 Jahre "CEtoday", 48 Mystery-Shopping-Touren. Astrid T. hat ein Fazit über die Beratungsleistung gezogen. Sie erinnert auch an die Highlights im Handel.
Vor 5 Jahren war Astrid T. noch eine unerfahrene Konsumentin von Consumer Electronics, von Technik hatte sie wenig Ahnung. Damit war sie die ideale Kandidatin, um die Beratungsqualität im Handel zu testen. Mittlerweile ging sie schon auf so viele Shopping-Touren, dass ihr bei bestimmten Geräten so schnell keiner mehr etwas vormacht. Zumal sie für TVs, Kameras oder NAS-Geräte bereits mehrere Male auf Einkaufstour ging.
"CEtoday" schickte Astrid T. als Testkäuferin jeweils zum Gross- und Fachhandel, wo sie sich zu einem bestimmten Produkt beraten lassen sollte. Der Verkäufer sollte sie von einem Produkt überzeugen. Dabei soll die Berichterstattung darüber subjektiv, aber wertneutral aufzeigen, welche Erfahrungen Kunden beim Einkaufen machen.
Beim Verkäufer zuhause
Dazu begleitete die "CEtoday"-Redaktion die Mystery-Shopperin jeweils auf ihren Touren und hielt die Ergebnisse fest. Wichtig war das immer gleiche Vorgehen, damit jeder der besuchten Händler unter denselben Voraussetzungen getestet wurde. Oftmals unterschieden sich diese Händler aber frappant voneinander. So besuchte Astrid gleichentags schon mal einen Händler auf dem Lande und einen in der Stadt, einen schick eingerichteten Laden und einen weiteren, in dem sich Kartons mit Lautsprechern, Röhrenfernsehern mit integrierten VHS-Recordern (!) und weiteren Uralt-Apparaten stapelten.
Der kurioseste Verkaufsort war die Wohnung eines Sicherheitstechnikers. Astrid war auf der Suche nach einem Überwachungssystem und stiess über Google auf den Spezialisten. Der liess sich trotz des unangekündigten Besuchs vor seinem trauten Heim nicht beirren, lud Astrid in seine Wohnung ein und nahm sich viel Zeit für die Beratung. Astrid machte es sich am Esstisch des Sicherheitstechnikers bequem und bekam zwei bidirektionale Funksysteme erklärt.
Die Suche nach einem freien Verkäufer
In manchen Ladengeschäften befanden sich sehr viele Kunden, weshalb Astrid auch mal fast eine Stunde nach einem freien Verkäufer suchen musste. Oder sie belagerte mit anderen Kunden einen Verkäufer, der sich noch in einem Verkaufsgespräch befand. Manchmal war die Suche nach einem freien Verkäufer ein regelrechtes Wettrennen, vor allem im Media Markt. Im Fachhandel war Astrid dafür oftmals die einzige Kundin. Für sie war das sehr angenehm, ganz im Gegensatz zu den Verkäufern, die sich wohl etwas mehr Kundschaft gewünscht hätten.
Manches Mal verliess Astrid auch gewohnte Pfade und suchte eine Beratung per E-Mail oder Telefon. Dabei zeigte sich, dass diese Art der Beratung trotz Onlineshops noch lange nicht ausgedient hat. Vielmehr dient sie als zusätzlicher Kanal im Cross-Channel-Mix. Die meisten angefragten Händler legten am Telefon oder per E-Mail viel Wert auf Qualität. Diese Händler würde Astrid auch im Ladengeschäft besuchen und würde so zur Multi-Channel-Kundin.
Astrids Fazit
Nach 5 Jahren und 48 Mystery-Shopping-Touren machte sich Astrid T. diesmal nicht erneut auf die Suche nach einem Produkt. Stattdessen zog sie für "CEtoday" ein Fazit zu den Erlebnissen der vergangenen Jahre. Sie wühlte sich gemeinsam mit der Redaktion durch 48 "CEtoday"-Ausgaben. Dabei kann sie festhalten: Oftmals reagierte der Fachhandel als Letzter auf neue Trends wie Action-Cams oder Überwachungskameras. Obwohl oft auch branchenfremde Händler wie Sportgeschäfte bereits auf den jeweiligen Trend aufgesprungen waren.
Einen Favoriten unter den Händlern konnte Astrid nicht ausmachen. Guten und schlechten Verkäufern begegnete sie überall. Ob bei Retailern wie Fust, Interdiscount, Melectronics und Media Markt oder im Euronics- und Electronicpartner-Fachhandelsgeschäft: Mal las ein Verkäufer die Informationen von der Verpackung ab, mal ratterte er die Produktdetails frei herab, ohne nachzuschauen. Sie erlebte immer wieder Glanzmomente und Totalversagen. Die Bandbreite war gross.
Top und flop
Als besonders schwankend empfand Astrid die Beratungsqualität bei Media Markt. Mehrmals lobte Astrid Media-Markt-Verkäufer für ihre Beratung mit fundiertem Fachwissen. Sie erlebte aber auch schon Momente, in denen sie Media Markt am liebsten fluchtartig wieder verlassen hätte. In besonders negativer Erinnerung bleibt Astrid etwa ein Verkäufer, auf den sie vor vier Jahren in einer sehr gut besuchten Media-Markt-Filiale traf, als sie einen Desktop-PC suchte. In einem engen Gang fand sie 17 PCs ausgestellt, konnte diese aber nicht richtig begutachten, weil sich immer wieder Kunden durch den Gang an ihr vorbei zwängten. Einige Male musste sie den Gang deshalb verlassen und etwas durchschnaufen. So macht Einkaufen keinen Spass! Zudem dauerte die Suche nach einem Verkäufer eine halbe Stunde. Doch der Media-Markt-Mitarbeiter, von dem sie sich Beratung erhoffte, konnte oder wollte nicht weiterhelfen. Er sei noch in einem Kundengespräch, sagte er wirsch. Als Astrid ihm folgte, sah sie allerdings, dass er sich erst mit einem Arbeitskollegen und anschliessend offensichtlich privat mit einer Bekannten unterhielt. Solche Momente machen Astrid sprachlos.
Es gab aber auch einige besonders positive Momente. Als Astrid etwa eine Action-Cam im Interdiscount suchte, traf sie auf einen Gopro-Fan. Er war in seiner Begeisterung kaum zu bremsen, bis ein Kollege hinter dem Kassentresen nach ihm rief, dass eine Menge Kunden endlich bezahlen wollten. Ein anderes Mal entschuldigte sich ein Fust-Verkäufer für die technischen Begriffe bei Kopfhörern und versuchte, Astrid die Techniken auf simple Weise zu veranschaulichen. Genau so etwas wünscht sich die unerfahrene Shopperin.
Bei Media Markt traf Astrid einmal auf einen Verkäufer, der mit so viel Elan und Begeisterung eine Überwachungskamera empfahl, dass sich weitere Kunden dazugesellten. Er beantwortete Fragen der Kunden, führte die Geräte vor und machte Scherze. Ein wahres Verkaufstalent. Sooo muss Beratung!
TV-Verkauf als Kür
Besonders ergiebig fand Astrid jeweils die Mystery-Shopping-Touren auf der Suche nach einem Fernseher. Während der ersten Tour vor 5 Jahren schwärmten Verkäufer noch von Plasma-TVs. Heute bevorzugen die meisten die OLED-Technik. Astrid erlebte immer wieder, dass Verkäufer keinen Gerätevergleich machten, was sich gerade bei Fernsehern anböte. Wie sollen so Emotionen geweckt werden? Dann gibt es aber wieder Highlights wie ein Euronics-Verkäufer, der Bildvergleiche mit verschiedenen Fernsehern anbot und auch auf den Sinn von Zusatzverkäufen wie Soundbars, Wandhalterungen und Kabelschienen hinwies, ohne dass es aufdringlich wirkte. Beim EP-Fachhändler hatte Astrid einmal während 30 Minuten kaum Gelegenheit, ihre Preisvorstellung zu äussern, weil die Verkäuferin so sehr vom Plasma-TV schwärmte. Technische Features allerdings waren der Verkäuferin fremd. Dafür erwähnte sie Zusatzgeschäfte wie ein Home-Cinemy-System.
Manch ein Verkäufer überzeugte Astrid mit erfrischend ehrlicher Beratung. So wie der junge Verkäufer bei Media Markt, der ihr auf die Frage nach einem NAS antwortete: "Ich will ehrlich sein. Ich bin Verkäufer und mein Ziel ist das Verkaufen. Aber ich bin auch Student und arbeite nicht mehr lange hier. Wir haben nichts, das ich Ihnen ans Herz legen könnte." Stattdessen empfahl er ihr ein Gerät, das anderswo erhältlich war.
Solche Momente sind der Grund, warum Astrid auch nach 5 Jahren noch nicht genug vom Mystery-Shopping hat. So macht Einkaufen Spass.