"Die Kunden waren frustriert und wir hatten die Abschreiber"

Mystery-Shopping DAB+

Uhr | Aktualisiert

Wie hat der Fachhandel den Umstieg von DAB auf DAB+ erlebt? Welche Geräte bevorzugen Verkäufer? CEtoday war mit Astrid T. auf Mystery-Shoppingtour bei Saturn, Melectronics, einem unabhängigen Audio-Spezialisten, bei einem Electronic-Partner-Mitglied und einem Euronics-Interfunk-Händler.

Das Einsteigermodell Pure Audio Elite. (Quelle: Telanor)
Das Einsteigermodell Pure Audio Elite. (Quelle: Telanor)

Astrid T. hat den Wechsel von DAB zu DAB+ letzten Herbst verpasst. Seither empfängt sie mit ihrem alten DAB-Radio nur noch wenige Sender. Fast alle ihre Favoriten sind verstummt. Am meisten vermisst sie DRS 2 oder SRF 2 Kultur, wie der Sender neuerdings heisst. Umso ärgerlicher für sie, dass ihr Gerät erst zwei Jahre alt ist. Ein offenbar schlecht informierter Händler hatte ihr damals ein Gerät mit veralteter Empfangstechnik verkauft.

Nun musste deshalb Ersatz her. Sie wollte ein neues DAB+-Radio in der oberen Preisklasse. Also suchte sie erst einmal im Internet, um ein geeignetes Gerät zu finden. Sie gab die Suche aber schnell auf, da die Auswahl an Geräten in allen Preisklassen und mit unterschiedlichen Funktionen schlicht zu gross war. Da sie sich überfordert fühlte, suchte sie Rat bei Händlern in ihrer Nähe und hoffte auf bessere Beratung als damals vor zwei Jahren. CEtoday begleitete sie auf ihrer Shoppingtour zu Saturn, Melectronics, einem unabhängigen Audio-Spezialisten, zu einem Electronic-Partner-Mitglied und einem Euronics-Interfunk-Händler.

Im Saturn, der ersten Station ihrer Odyssee, waren an diesem Samstag ziemlich viele Kunden anwesend. Vier Verkäufer unterhielten sich ungestört weiter, während Astrid gleich neben ihnen die DAB+-Radios inspizierte. Nach einer Weile hatte Astrid an vielen der rund 20 Geräte herumgespielt und fragte schliesslich einen der Verkäufer nach Beratung. Nachdem sie auf Nachfrage erklärt hatte, dass sie ein qualitativ gutes Radio für die Küche suche, empfahl ihr der Verkäufer ein DAB+-Radio von Philips.

Das Gerät mit der Typenbezeichnung OR7200 im Retrodesign sollte rund 450 Franken kosten. "Der sieht schön aus und ist einfach zu bedienen", lauteten seine Verkaufsargumente, und vor allem letzteres überzeugte Astrid. "Aber weshalb sind manche Radios denn so viel günstiger?", war ihre Folgefrage, worauf der Verkäufer den Vergleich mit dem Pure One Elite für 129 Franken machte. Er stellte bei beiden denselben Radiosender ein, um Astrid von der Tonqualität des Philips-Geräts zu überzeugen. Der Unterschied war deutlich zu hören, sie fragte sich aber, ob es nicht noch andere Geräte mit guter Tonqualität zum günstigeren Preis gebe. Der Verkäufer meinte, diese gebe es beispielsweise auch vom Hersteller Pure, die seien aber etwa in derselben Preisklasse wie das Philips-Gerät. Sie bedankte sich nach etwas mehr als fünf Minuten Beratung und ging auf zum nächsten Laden: Melectronics.

Verkaufsargument All-in-One

Dort angekommen, fand sie sogleich einen Verkäufer in der Radioabteilung. Dieser fragte sie nach ihrem Wunsch und wo das Gerät eingesetzt werden solle. Er erklärte den Unterschied zwischen DAB und DAB+ und meinte, Astrid solle auf keinen Fall ein DAB-Radio kaufen. Im vergangenen Herbst seien etliche frustrierte Kunden gekommen, um einen Ersatz für ihr altes DAB-Radio zu kaufen. Von den über 20 Radios, die im ganzen Laden verteilt waren, gefiel Astrid das Modell IR20 von Dual mit Dockingstation fürs iPhone am besten. Sie fragte, ob der Verkäufer dieses empfehlen könne. "Absolut", meinte dieser. Es biete viele Vorteile: Das Gerät sei ein DAB+-Radio mit der kostenpflichtigen Empfangsoption Last.fm. Die Lautsprecher seien abnehmbar und der Touchscreen mit 3,5 Zoll ziemlich gross.

Als Astrid die Soundqualität des 399 Franken teuren Gerätes hören wollte, konnte der Verkäufer keinen Sender finden. "Das Gebäude ist alt, wir mussten extra Signalverstärker einbauen", entschuldigte er sich. Er versuchte erfolglos für die Dockingstation ein iPhone bei Kollegen aufzutreiben und zeigte schliesslich wie UKW-Radio aus dem Gerät klang. Dann drückte er Astrid die Fernbedienung in die Hand mit der Aufforderung: "Probieren Sie das Gerät ruhig ein wenig aus!" Astrid probierte aus und fragte, ob es nicht noch ein besseres Gerät gebe? Der Verkäufer verneinte: "Es gibt noch teurere Geräte, aber der Sound ist bei denen nicht besser." Dual sei einst eine grosse Marke gewesen, bis sie kleiner und letztlich zur Migros-Eigenmarke wurde. (Die Marke Dual gehört in Europa der DGC GmbH, ist also keine Eigenmarke der Migros. Anm. d. Red.). Er liess das Gerät laufen, und das Ergebnis überzeugte Astrid. Sie nahm ein Produktblatt mit und bedankte sich für die rund 15-minütige Beratung.

Komplizierte Internetradios

Weiter gings zum Audio-Fachgeschäft. Dort kam sofort ein Verkäufer auf sie zu – es waren nur wenige Leute im Laden – und fragte sie nach ihren Wünschen. Der Verkäufer zeigte zuerst Internetradios. Die Installation sei aber kompliziert. Er empfahl ein DAB+-Radio, mit dem Hinweis, dass man seit der Umstellung auf DAB+ nur solche Geräte führe. Die Radios böten ein automatisches Senderscanning und speicherten meist etwa fünf Sender. Er empfahl das R1MKII von Ruarkaudio für 349 Franken. Er habe selbst eines davon und zwei weitere verschenkt. Diese seien schlicht die besten, es gäbe höchstens noch teurere mit derselben Klangqualität.

Das Gerät biete ein grosses Display mit drei Zeilen und ein massives Holzgehäuse. Er verglich das Radio wie schon der Saturn-Verkäufer mit dem Pure One Elite. Aber das Gerät von Ruark Audio klinge bedeutend besser. Astrid bedankte sich für die rund 15-minütige Beratung, worauf der Verkäufer noch anmerkte: "Wir sind übrigens auch günstiger als Media Markt oder Interdiscount. Und wenn Sie sofort und ohne Kreditkarte bezahlen, kann ich Ihnen noch 5 Prozent Rabatt gewähren."

"Der plötzliche Wechsel von DAB auf DAB+ war eine Frechheit"

Astrid ging weiter zum Euronics-Interfunk-Fachhändler. Dort waren etwa zehn Digitalradios ausgestellt. Der sehr junge Verkäufer, (wahrscheinlich der Lehrling), der auf Astrid zukam, empfahl das Modell Heritage von Revo für 349 Franken. Dieses sei hochwertig verarbeitet und einfach zu bedienen. Auch die Installation fürs Internetradio stelle kein Problem dar. Beim Vorführen der Klangqualität übersprang er die Installation allerdings. Er erzählte auch vom Umstieg von DAB auf DAB+: "Das war eine Frechheit, wir wurden genauso überrumpelt wie unsere Kunden. Die waren frustriert und wir hatten die Abschreiber."

Nach rund 10-minütiger Beratung ging Astrid weiter zum EP-Fachhändler. Das sehr kleine Ladengeschäft war ziemlich voll. Doch ein Verkäufer kam sofort auf sie zu und fragte sie nach ihren Wünschen. Er schien überrascht. DAB+-Radios führten sie nicht. "Heutzutage kauft das niemand mehr bei uns, wir haben unseren Fokus auf Smartphones gelegt." Trotzdem fand er in einer Ecke noch einige alte UKW-Küchenradios der Marke Sangean. Und meinte, bei DAB+-Radios seien neben der Marke Sangean auch Geräte von Pure und Tivoli Audio zu empfehlen. 150 Franken müsste Astrid dafür aber schon ausgeben. Da er diese Geräte aber nicht im Sortiment führte, empfahl ihr der EP-Händler: "Gehen Sie zu Interdiscount."

Gute Geräte kosten 400 Franken

Astrids Fazit nach dem DAB+-Powershopping: Will sie ein gutes DAB+-Radio, muss sie dafür wohl etwa 400 Franken ausgeben. Das wird sie auch, wenn ein Verkäufer sie durch objektive Argumente und eine Hörprobe von der Qualität eines Gerätes überzeugen kann. Online geht das nicht. Hier hat der stationäre Handel Vorteile. Auch überzeugte sie die Beratung bei allen Shops. Sogar der EP-Händler bemühte sich, obwohl er nicht das passende Sortiment führte. Am besten berieten der Melectronics- Verkäufer und der unabhängige Audio-Spezialist, fand Astrid.

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qSqVK4T8

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