One-to-One mit Steven Mettler

Wie Novis den Handel von Produkten begeistern will

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Das Klima für Distis und Händler ist aktuell rau. Novis-CEO Steven Mettler und sein Team brennen trotzdem für technische Produkte. Wie sie diese dem Handel schmackhaft machen und warum sich der CEO manchmal etwas mehr Mut vom Handel wünschen würde, verrät er im Gespräch.

Steven Mettler, CEO, Novis. (Source: Netzmedien)
Steven Mettler, CEO, Novis. (Source: Netzmedien)

Sie sind seit knapp drei Jahren CEO von Novis. Was hat sich in dieser Zeit im Unternehmen getan? 

Steven Mettler: 2021 hat uns in erster Linie die klare Aufteilung respektive Abgrenzung der Tochtergesellschaften innerhalb des Unternehmens beschäftigt. Novis ist primär für Consumer-Electronics-Produkte zuständig und erbringt Vertriebs- sowie logistische Leistungen für die Kunden. Stilus macht – wenn man nur die Prozesse betrachtet – dasselbe, bedient aber ein ganz anderes Kundensegment sowohl in Bezug auf Hersteller als auch Händler. Stilus ist primär im Bereich Custom Installation und Pro-AV tätig. Ausserdem haben wir mit Projeda ein Tochterunternehmen, das gewisse Dienstleistungen für den Handel erbringt, aber primär im Installations- und Integrationsgeschäft unterwegs ist. Eine 100-prozentige Abgrenzung ist aber nie möglich, da gewisse Hersteller in beiden Bereichen tätig sind oder damit beginnen, neue Segmente zu erschliessen. Zudem hat uns die Einführung der Marke TCL in den vergangenen Jahren weiter beschäftigt.

Was ist Ihr wichtigstes Ziel als Novis-CEO?  

Alle Mitarbeitenden bei Novis finden Technik cool. Technik ist, was uns gefällt und uns verbindet. Mein übergeordnetes Ziel besteht darin, diese Liebe für Technik in ein verantwortungsvolles ökonomisches Modell zu packen, das eine unternehmerische Zukunft hat. Schliesslich können die Mitarbeitenden – so sehr sie auch für unsere Produkte brennen – nicht gratis arbeiten. 

Ihre Karriere bei Novis begann bereits 2003. Wie ist es, nun CEO des Unternehmens zu sein? 

Früher plauderten die Mitarbeitenden immer gerne mit mir über interne Angelegenheiten. Jetzt sind sie etwas zurückhaltender (lacht). Aber grundsätzlich sind wir nach wie vor eine tolle Truppe mit Hands-on-Mentalität, die so schnell und individuell wie möglich auf die Bedürfnisse der Kunden reagiert. Extern haben wir nie an die grosse Glocke gehängt, dass ich die CEO-Funktion übernahm. Das ist mir prinzipiell recht, da ich mich nicht gerne in den Mittelpunkt stelle. Novis-CEO zu sein, ist sehr spannend und auch sehr herausfordernd. 

Was ist herausfordernd? 

Die Konsolidierung in der Branche, die bereits seit über zehn Jahren fortschreitet. Es gibt immer weniger Hersteller bestimmter Produkte und der Markt ist allgemein kleiner geworden. Unter dem aktuell herrschenden Kostendruck gehen gewisse Innovationsmöglichkeiten verloren. Im Handel findet zudem eine Bereinigung statt – auch auf der Grossfläche –, was für zusätzliche Unsicherheit sorgt. Die wirtschaftliche Entwicklung mit dem Margendruck führt dazu, dass der Handel nicht mehr so risikobereit ist. Für uns besteht die Kunst darin, den Handel davon zu überzeugen, innovative Produkte zu verkaufen. Denn diese zu finden, ist trotz aller Hindernisse überhaupt nicht schwierig. 

Wie versuchen Sie, diesem Trend entgegenzuwirken und den Handel von Produkten zu überzeugen?

Statt uns nur auf den Preis zu konzentrieren, fragen wir uns, mit welchen Produkten der Handel Endkonsumentinnen und -konsumenten Freude bereiten könnte. Produkte sind immer mit einer gewissen Emotionalität verknüpft. Daher ist es wichtig, sich mit ihnen auseinanderzusetzen, sie auszuprobieren und anzufassen. Wir laden häufig und aktiv Kunden in unseren Showroom ein. Auf rund 800 Quadratmetern gibt es so einiges zu entdecken. Ausserdem sind uns Messen – als Aussteller wie auch als Besucher – enorm wichtig. Das Erleben von Produkten kann man nicht mit einem E-Mail, einem Videocall oder einem Klick im Webshop ersetzen.

Was würden Sie sich vom Handel wünschen? 

Auch der Handel sollte nicht vergessen, dass es nicht nur um den Franken geht. Stattdessen sollte man sich auf die Kundenbedürfnisse konzentrieren und hinter der eigenen Dienstleistungsqualität stehen. Ausserdem klagen viele Händler über zu wenig Kundschaft, bemühen sich aber nicht aktiv darum, Leute in den eigenen Laden zu locken. Diese Vogel-Strauss-Mentalität bringt niemanden weiter. Wir bei Novis wehren und winden uns und probieren stets Neues aus. Ich wünsche dem Handel, dass er noch mutiger agiert. Darum mein Appell: Seid ein bisschen mutiger und schaut, was ihr aus dem Tag herausholen könnt! 

Auch das Klima für Distis ist rau. Hersteller etwa ­setzen ­immer häufiger auf den D2C-Handel. Wie sorgen Sie dafür, dass Sie als Distributor relevant bleiben? 

Ich sage jeweils zu meinem Team: Je besser wir unseren Job machen, desto grösser ist das Risiko, dass uns ein Hersteller abspringt. Es ist unsere Aufgabe, Marken auf dem Markt zu etablieren. Gelingt uns das, sind sie irgendwann nicht mehr auf uns angewiesen. Dadurch werden aber wieder junge, auf dem Markt noch unbekannte Unternehmen auf uns aufmerksam. Sie haben häufig nicht die Möglichkeit, sich selbst einen Standort oder Shop in der Schweiz aufzubauen, und sind froh um unsere Arbeit. Wir halten auch selbst stets die Augen nach jungen Firmen mit spannenden Produkten offen. Dafür besuchen wir unter anderem Messen und sind auch international unterwegs. Ausserdem scheuen wir uns wie erwähnt nicht davor, Neues auszuprobieren. Wir fallen damit immer mal wieder auf die Nase, aber das gehört zu unserem Geschäft.  

Sie haben eingangs TCL erwähnt. Wie konnte Novis den ­chinesischen Hersteller für sich gewinnen?    

Ein so grosses internationales Unternehmen als Kunden zu gewinnen, gelingt einem nicht alle Tage. Das ist harte Arbeit und war ein grosses Investment unsererseits. Auf die Marke aufmerksam wurde ich über einen Bekannten. Anfangs war ich skeptisch, da man vor einigen Jahren nicht nur Gutes über die Fertigungsqualität chinesischer Hersteller gehört hatte. TCL machte aber an der IFA – ich glaube es war 2018 – einen positiven Eindruck auf mich. Die gezeigten Geräte waren sehr hochwertig. Zudem hat TCL eine unaufgeregte Art, Technologie auf einem kompetitiven Level zu kompetitiven Preisen zu verkaufen. Wir kamen ins Gespräch und nur zwei Monate nachdem die Inhaber Andreas Tischhauser und Stefan Thommen TCL gemeinsam mit mir besucht hatten, verkauften wir die ersten Fernseher.

Wie läuft das Geschäft mit TCL-Fernsehern aktuell? 

Heute ist TCL im Bereich Mini-LED international Marktführer. Wir kämpfen in der Schweiz aber nach wie vor damit, dass die Marke nicht sonderlich bekannt ist. Ausserdem ist der TV-Markt hart umkämpft. Trotzdem sind wir davon überzeugt, mit TCL einen Hersteller aufgenommen zu haben, der sehr grosses Potenzial bietet.     

TCL stellt nicht nur TV- und Audiogeräte her. Können Sie sich vorstellen, auch andere TCL-Produkte zu vertreiben? 

In Europa ist TCL durch zwei Tochtergesellschaften vertreten. Eine ist verantwortlich für den Video- und Audiomarkt, die andere für Monitore und Mobilgeräte. Für den zweiten Bereich kümmert sich TCL selbst um den Vertrieb in der Schweiz. Wir sind immer bestrebt, das zu tun, was für die Marke am besten ist. Sollte TCL daran interessiert sein, in anderen Bereichen mit uns zusammenzuarbeiten, tun wir das gerne. Der Hersteller hat in vielen Segmenten spannende Produkte und Technologien. Will eine Marke in Verdrängungsmärkte einsteigen, ist das jedoch sehr kapitalintensiv. Da sind uns aufgrund unserer Grösse gewisse Grenzen gesetzt und wir sind auf die Unterstützung des Herstellers angewiesen. 

Zusätzlich zu Ihrer Funktion als Novis-CEO sind Sie Vorstandsmitglied des Berufsverbands Multimedia Tec Swiss. Wie bringen Sie das unter einen Hut? 

Mit einer durchdachten Prioritätenplanung und einem auf die halbe Stunde abgestimmten Terminkalender. Ausserdem habe ich ein super Team, das unsere Ziele auch dann weiterverfolgt, wenn ich einmal abwesend bin. 

Warum engagieren Sie sich für den Verband?

Der Fachhandel ist mir wichtig. Darum möchte ich mich mit meinem Engagement beim MMTS für ihn einsetzen. Schliesslich sind wir als Novis daran interessiert, gute Partner zu haben, die unsere coolen Produkte an den Mann oder die Frau bringen und der Endkundschaft zusätzliche Dienstleistungen anbieten. Der MMTS bietet mit den Berufsbildern Multimediaelektroniker und -elektronikerin (MME) sowie Detailhandelsfachperson genau die richtigen Werkzeuge, um den Fachhandel mit gut ausgebildetem Personal zu unterstützen. Ausserdem hat sich der MMTS in den vergangenen Jahren stark entwickelt. Der Verband legte das reine Radio-Fernsehhändler-Sein ab, was sich auch im Vorstand zeigt. Mit Präsident Christoph Widler, Co-Geschäftsführer Roger Duss, Marcel Eheim, Markus Haller und mir haben wir Vertreter aus dem Geschäft mit Telekommunikationsinstallationen, der Pro-AV-Branche, dem Netzbetreibergeschäft und jemanden, der die Hersteller vertritt. Somit ist der Arbeitgebermarkt für MME und den Detailhändler auch im Vorstand gut abgedeckt.   

Noch einmal zurück zu Novis: 2021 starteten Sie auf dem deutschen Markt. Wie zufrieden sind Sie mit dem Geschäft im Nachbarland? 

Das Geschäft in Deutschland befindet sich noch im Aufbau. Die Entwicklungen sind gut und wir hoffen, dass wir uns weiterhin im gleichen Masse steigern können. Unser Sortiment und unsere Kundschaft in Deutschland unterscheiden sich von jenen in der Schweiz. Wir vertreiben ausschliesslich Nischenprodukte kleiner Hersteller. In diesen Segmenten ist das Marktverhalten in Deutschland um einiges positiver als im breiten Consumer-Electronics-Handel. Im Nischensegment spielt der Preis eine eher untergeordnete Rolle. Das Team in Deutschland betreute von Anfang an auch den österreichischen Markt.   

Was war ausschlaggebend für den Marktstart in ­Deutschland?   

Eine Marke kam auf uns zu und hätte gerne den Distributionsvertrag unterschrieben. Allerdings arbeitete der Brand in Deutschland bereits mit einem grossen Distributor zusammen, der auch die Markenvertretung für die Schweiz übernehmen wollte. Der potenzielle Kunde konnte und wollte nicht den 80-Millionen-Markt für den 8-Millionen-Markt riskieren, weshalb uns der Auftrag durch die Lappen ging. Das regte uns zum Grübeln an. Können wir es uns wirklich leisten, uns nur auf die Schweiz zu konzentrieren? Wir starteten die ersten Gespräche mit deutschen Herstellern und hatten schnell einige Marken unter Vertrag.

Auf welche Projekte konzentrieren Sie sich mit Novis in ­naher Zukunft?  

Wir sind bereits seit über zehn Jahren im Markt für alternative Energien tätig. Diesen Bereich wollen wir in den nächsten Jahren wieder vermehrt ausbauen und mit neuen spannenden Konzepten an den Start gehen.


Persönlich
Steven Mettler (47) ist seit Oktober 2021 CEO der ­Novis ­Electronics AG. Der Betriebswirt HF / Executive MBA ist seit über 20 Jahren in unterschiedlichen Positionen bei Novis und deren Tochtergesellschaften tätig. Er kümmert sich dabei vor allem um den Vertrieb und das Produktmanagement und entdeckt in dieser Tätigkeit immer wieder mal gerne spannende, neue Produkte und Brands. Mettler ist Vater eines 11-jährigen Sohns und verbringt seine Freizeit ­gerne auf dem Segelboot. Quelle: Novis

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