Elektro-Flitzer von Studierenden mit historischer Saison
Erst vergangenes Jahr knackte der Akademische Motorsportverein Zürich AMZ einen Weltrekord. Nun doppelt das Team von Studierenden der ETH Zürich und der Hochschule Luzern mit Leistungen nach, die noch kein anderes Studenten-Racing-Team bisher erreicht hat.
Manchmal sind es 1,1 Sekunden, die darüber entscheiden, ob man vergessen gehen oder in den Geschichtsbüchern stehen wird. Studierende vom Akademischen Motorsportverein Zürich (AMZ), vor allem von der ETH Zürich, haben sichen diesen Eintrag jetzt verdient. Dabei hatte es diese Renn-Saison zwischenzeitlich gar nicht so gut ausgesehen.
Mitte Juli in Österreich. Der Elektro-Flitzer "dufour" bleibt während des Rennens stehen. Wäre da nur nicht dieser verflixte Fehler am elektrischen System gewesen. Dann hätte sich das Auto auf der Strecke in den ersten Rennminuten nicht automatisch abgeschaltet. Dann hätten die über 40 ETH-Studierenden vom Team AMZ Racing den ersten Platz wohl nach Hause gefahren. Aber die Regeln im Endurance-Rennen von "Formula Student" sind nun mal so: von aussen darf nicht eingegriffen werden.
Teildisziplinen von Schikanen-Fahren bis Business Plan
Curdin Deplazes nennt den 22km-Kurs die "Königsdisziplin". "Abgesehen von der Endurance-Disziplin war es ein sehr erfolgreiches Event in Österreich", sagt der Chief Operating Officer und Antriebschef von AMZ Racing, der im Sommer seinen Maschinenbau-Bachelor an der ETH Zürich abgeschlossen hat.
Mit ihren Skills landen die ETH-Studierenden schliesslich Ende Juli auf dem österreichischen Red Bull Ring gesamthaft auf Platz sieben – mit fünf Podiumsplätzen von acht Teildisziplinen. In der "Acceleration" – eine Strecke von 75 Meter die aus dem Stillstand so schnell wie möglich absolviert werden muss – stand AMZ Racing sogar auf Platz eins.
Über 40 Studierende arbeiten fürs Team AMZ Racing. (Source: FSG - Haindl)
Das Team wurde 2006 an der ETH Zürich gegründet, seit 2010 tüfteln die Studierenden an ausschliesslich elektrisch angetriebenen Boliden. Es ist eines von verschiedenen Fokusprojekten wie die Transport-Kapsel "Swissloop" oder das Elektroflugzeug "E-Sling", in welchen ETH-Studierende ihr erworbenes Wissen anwenden und – learning by doing – verbessern.
Erster Doppelsieg mit dem gleichen Fahrzeug in der Formula-Student-Geschichte
Wer aber nach der Panne im Endurance-Rennen von Österreich den Eindruck erhält, AMZ Racing hätte eine mittelmässige Saison hinter sich, der irrt. Beim Wettbewerb im Wallis, kurz vor dem Rennen in Österreich, stand AMZ Racing zuoberst auf dem Podest. Und liess dabei in der Gesamtwertung die 14 anderen Teams deutlich hinter sich.
Zwei Wochen später, Anfang August. Deplazes und sein Team wollen es wissen. Er nennt es, ganz Ingenieur, "eine neue Herausforderung". Denn normalerweise priorisieren die Studierenden-Teams hart: entweder manuelles oder autonomes Fahren. Und setzen alles auf eine Karte.
Antriebschef Curdin Deplazes und sein Team holen sich den Doppelsieg. (Source: FSG / Cao)
AMZ Racing aber zieht bei der Formula Student in Ungarn zwei Asse aus dem Ärmel: In 15 von 21 Disziplinen steht das ETH-Team mit ihrem Auto "dufour" auf dem Podest und gewinnt somit beide Gesamtwertungen.
"Dieses Ergebnis markiert den ersten Doppelsieg eines einzelnen Autos am selben Event in der Geschichte der Formula Student", sagt Deplazes nicht ohne Stolz. Er ist schon seit 2021 bei AMZ Racing dabei.
Am Beschleunigungsweltrekord vom vergangenen Jahr war jedoch niemand vom diesjährigen Team beteiligt – denn die Team-Zusammensetzung ändert sich wegen Studienabgänger:innen und Erstsemestern ständig. Vielleicht daher auch der Ehrgeiz.
Und der packte sie so richtig am deutschen Hockenheimring.
Krimi am prestigeträchtigsten Formula-Student-Rennen
"Es ist der grösste Formula-Student-Event weltweit und geniesst in der Community das höchste Ansehen", sagt Deplazes. In Deutschland liefert sich das ETH-Zürich-Team mit anderen Studierenden ein heisses Rennen.
Das Team der Technischen Universität Dresden kann bei seinem Heim-Rennen die ersten dynamischen Disziplinen mit und ohne Pilot für sich entscheiden. In einer Disziplin hat AMZ Racing die Nase vorne, in einer weiteren muss sich das ETH-Zürich-Team um nur sieben Hundertstelsekunden geschlagen geben.
Im Trackdrive schliesslich – dem "Endurance"-Pendant mit gekürzter Strecke für selbstfahrende Boliden – gelingt AMZ der Coup. Mit einem "sehr knappem Vorsprung" von 1,1 Sekunden, wie Deplazes erleichtert sagt, gewinnen sie diese Teildisziplin mit 200 von 200 möglichen Punkten. Manuell und autonom zusammengerechnet reichen neun Podien für einen weiteren Doppelsieg und damit einen starken Saison-Abschluss.
"Alles in allem ist es die wahrscheinlich erfolgreichste Saison, die ein Team jemals hatte", sagt Deplazes. Was er für die nächste Saison geplant habe? "Ich werde den Platz für andere freigeben und mich auf meinen Master in Energiewissenschaften konzentrieren. Als Alumnus werde ich dem Team erhalten bleiben."
Dieser Beitrag ist zuerst bei "ETH News" erschienen.