Diese Aufgaben übernimmt das MMTS-BBZ bei der Ausbildung von Lernenden
Ins MMTS-BBZ kommen die auszubildenden Multimedialelektroniker und -elektronikerinnen sowie CE-Detailhandelsfachleute für die überbetrieblichen Kurse. Während Letztere bereits einen neuen Lehrplan haben, befindet sich die Totalrevision des Berufsbilds Multimediaelektronik in der Schlussphase. Mehr dazu wissen François Richard und Stephan Pabst vom MMTS-BBZ.
Welche Leistungen erbringt das MMTS-BBZ?
François Richard: Wir führen im BBZ die überbetrieblichen Kurse (üK) für lernende Multimediaelektroniker und -elektronikerinnen sowie für Detailhandelsfachleute aus der Consumer-Electronics-Branche durch. Die Kurse finden in Deutsch, Französisch und für die Detailhandelsfachleute auch auf Italienisch statt. Mit den üKs decken wir alle Schweizer Kantone ab, die das duale Bildungssystem unterstützen. Dafür haben wir eine Leistungsvereinbarung mit dem Amt für Berufsbildung sowie den Mittel- und Hochschulen des Kantons Solothurn. Da wir die üKs als Blockkurse und nicht wie bei vielen anderen Berufslehren üblich als Tageskurse durchführen, herrscht bei uns Internatsbetrieb. Die Lernenden schlafen und essen also auch im BBZ. Das fördert auch den Austausch unter den Lernenden und sie erhalten die Gelegenheit, sich mit Kolleginnen und Kollegen aus dem Tessin und der Romandie bekannt zu machen. Zudem bieten wir im BBZ Weiterbildungskurse und Workshops an oder vermieten das Gebäude für Anlässe.
Sie sind seit knapp vier Jahren Geschäftsführer des MMTS-BBZ. Was hat sich während dieser Zeit getan?
Richard: Ich habe hier ein gut funktionierendes Team mit bewährten Prozessen übernommen. Daher hätte es wenig Sinn ergeben, alles auf den Kopf zu stellen. In den vergangenen vier Jahren haben wir unser ERP-System abgelöst, sodass wir nun Buchhaltung und Finanzen des BBZ und des MMTS in einem System verwalten und die Sekretariatsarbeiten mit dem Verband teilen können. Die unterrichtsfreie Zeit während der Pandemie nutzten wir, um die Reform des Berufsbilds Detailhandelsfachperson möglichst effizient umzusetzen. Die Reform ist mittlerweile abgeschlossen und die Lernenden, die im Schuljahr 2022/2023 mit ihrer Ausbildung gestartet sind, kommen bereits in den Genuss der neuen üKs. Zudem haben wir uns vom Konzept der Themenzimmer verabschiedet und bieten den Lernenden nun Praxisräume für die Arbeit an ihren Projekten. Die üKs sind so aufgebaut, dass die Lernenden zu Beginn ein Kundenprofil erhalten, für das sie ein gewisses Projekt umsetzen sollen. Dank der neuen Praxisräume können die Lernenden vom Montag bis zur Projektpräsentation am Donnerstag stets an ihrem Auftrag weiterarbeiten. Wir können dank des neuen Konzepts die Räume sinnvoller einteilen und das Haus so besser nutzen.
Was hat sich durch die Reform verändert?
Richard: Ich kann hier nur für die üKs sprechen: Der Unterricht ist jetzt viel handlungsorientierter. Die heutige Generation von Lernenden will beschäftigt sein. Das sind sie hier, da sie nun konstant an ihren Projekten arbeiten. Die Lernenden erhalten dazu immer wieder theoretische Inputs und können diese dann direkt anwenden. Sie werden dazu animiert, selbst nach Fehlern und Lösungsansätzen zu suchen. Dadurch verändert sich auch die Rolle der Dozenten. Sie sind nun vielmehr Coach als Lehrperson. Es ist erstaunlich, was die Lernenden im ersten Lehrjahr nach einer Woche präsentiert haben. Mit dem alten Modell hätte ich das höchstens von Lernenden im dritten Lehrjahr erwartet. Aber dadurch, dass die Praxis nun stärker gewichtet wird, steht das Fachwissen zu einzelnen Produkten weniger stark im Fokus. Unser Ziel ist es darum, die Neugierde bei den Lernenden zu wecken, sodass sie selbst recherchieren und auskundschaften wollen, was die einzelnen Geräte alles können.
Die Reform zur Ausbildung der Detailhandelsfachkräfte ist abgeschlossen, jene für das Berufsbild des Multimediaelektronikers und der -elektronikerin ist noch in vollem Gange. Warum ist diese Revision nötig?
Stephan Pabst: Die Technik wandelt sich stetig. Die letzte Revision fand im Jahr 2015 statt; nun wurde es nach fast zehn Jahren Zeit für einen neuen, revidierten Lehrplan. Wir stellen zudem fest, dass immer mehr Lernende aus der Pro-AV-Branche und der Sicherheitstechnik zu uns kommen. Dem müssen wir Rechnung tragen. Deshalb entschied sich der Verband dazu, eine Totalrevision durchzuführen.
Worin bestehen die wichtigsten Änderungen am Berufsbild?
Pabst: Darin, dass der Bereich Sicherheitstechnik neu stark abgedeckt wird. Für professionelle Sicherheitstechnikfirmen gab es bisher keine spezifische Lehre. Das war quasi «Learning on the Job». Nun möchten wir diesen Firmen eine Perspektive bieten, indem sie Multimediaelektronikerinnen und -elektroniker ausbilden können. Es gibt ja generell zu wenige ausgebildete Multimediaelektroniker. Daher sprechen wir künftig von Multimedia- und Sicherheitstechnik. Ausserdem gab es während der vierjährigen Ausbildung bisher drei Wochen üKs. Neu werden es fünf Wochen sein. Das bedeutet, dass die Lernenden im ersten Lehrjahr zwei Wochen üKs haben – eine Woche im ersten und eine im zweiten Semester – und dann jeweils eine Woche im zweiten bis vierten Lehrjahr. Eine Schwierigkeit bei der Entwicklung des neuen Berufsbilds bestand darin, nicht zu stark in den Bereich Gebäudeinformatik hineinzugeraten, da es bereits eine Ausbildung hierfür gibt. Doch das Thema Smarthome und vernetzte Geräte respektive Gebäude spielt auch für uns eine zunehmend wichtigere Rolle. Gewisse Bereiche überschneiden sich nun einmal.
Wie sieht der Zeitplan für die Totalrevision aus?
Pabst: Der Zeitplan ist sehr ambitioniert. Wir wollen im August 2024 starten. Das heisst, wir müssen ziemlich Gas geben. Wir sind aber noch immer zuversichtlich, dass alles klappen wird. Wann wir starten können, hängt jedoch auch davon ab, wie die Vernehmlassung abläuft.
Sie sprachen an, dass es zu wenige Multimediaelektronikerinnen und -elektroniker gibt. Warum ist das so?
Pabst: Es gibt wenig Lehrstellen. Darum hat der MMTS viel Zeit investiert, um Unternehmen aus der Pro-AV-Branche davon zu überzeugen, Lernende auszubilden. Der Verband ist auch mit Unternehmen aus anderen Branchen im Gespräch, die Bedarf an Multimediaelektronikerinnen und -elektronikern haben – etwa die Medizinaltechnik, Flugzeugwerke oder Hersteller von Liftelektronik. Ausserdem ist die Ausbildung sehr anspruchsvoll, und die Anforderungen an die Lernenden sind hoch. Wer für die Lehre als Multimediaelektronikerin oder -elektroniker qualifiziert ist, könnte auch auf die Kantonsschule gehen. Und diejenigen, die an die Kanti gehen und anschliessend studieren können, entscheiden sich heute meist für diesen Weg.
Richard: Vor 30 Jahren hatten wir insgesamt 721 Lernende Multimediaelektronikerinnen und -elektroniker – damals noch am alten Standort in Biel. 2003 waren es noch 449, zehn Jahre später 214 und im vergangenen Jahr 196. Nun ist die Tendenz aber wieder steigend.
Spüren Sie den Fachkräftemangel auch im Detailhandel?
Richard: Im Consumer-Electronics-Detailhandel ist die Situation relativ unproblematisch. Die Anzahl der momentan auf Jobs.ch ausgeschriebenen Stellen ist verschwindend gering. Das hat damit zu tun, dass es eine trendige Branche ist, in der junge Detailhandelsfachleute gerne arbeiten wollen.
Wie engagiert sich das BBZ, um junge Menschen für die Radio-/TV- und Multimediabranche zu gewinnen?
Richard: Das BBZ selbst engagiert sich hier eigentlich nicht. Das Werben um den Berufsnachwuchs ist Aufgabe des Verbands. Wir unterstützen den MMTS aber finanziell, damit er etwa auf Berufsmessen präsent sein kann.
Frauen sind in technischen Berufen meist unterrepräsentiert. Gibt es Bestrebungen seitens des BBZ, das zu ändern?
Richard: In den vergangenen Jahren ist der Frauenanteil bei den Auszubildenden in der Multimediaelektronik gestiegen und liegt nun bei 9 Prozent. Bei den Detailhandelsfachleuten ist der Frauenanteil zwar noch immer geringer, allerdings höher als in der Multimediaelektronik. Es sind dort etwa 20 bis 25 Prozent. Der Aufwand, Frauen respektive Mädchen für technische Berufe zu begeistern, sollte aber bereits in den Schulen betrieben werden. Wenn Mädchen schon in der Primarschule mit Technik in Kontakt kommen, werden sie sich eher von einer technischen Ausbildung angezogen fühlen.
Mit welchen weiteren Projekten beschäftigen Sie sich momentan?
Richard: Als Nächstes nehmen wir die Sanierung des Dachs in Angriff. Dadurch, dass wir den Stundenplan neu auslegen müssen, werden wir künftig bis Mitte Juni unterrichten. Momentan wird es im dritten Stock jedoch so heiss, dass weder unterrichten noch schlafen oder arbeiten während der Sommermonate möglich ist. Wir werden das Dach auch gleich mit einer Photovoltaik-Anlage ausstatten. Dann stehen noch weitere bauliche Massnahmen an: Vor dem Haus entsteht eine Elektroladestation, wir errichten einen Raucherunterstand beim Parkplatz und montieren ein Vordach bei der Küche. Zudem gibt es mehrere Räume im Haus, die wir gerne neu ausstatten würden. So soll etwa ein Raum für Smarthome-Anwendungen entstehen. Ausserdem möchten wir unseren Hi-Fi-Raum überarbeiten und moderner gestalten. Aber diese zwei Projekte sind momentan noch Zukunftsmusik, da wir dafür erst die finanziellen und personellen Ressourcen aufbringen müssen. Das Wichtigste ist, dass wir uns verändern – Step by Step.
persönlich
François Richard übernahm im Jahr 2019 die Geschäftsführung des MMTS-BBZ. Vorher war er in diversen Branchen (Industrie, Immobilien, Sozialversicherungen) tätig. Der 50-Jährige hat einen Abschluss als Betriebswirt HF und einen Abschluss als EMBA Integrated Management der Fachhochschule Bern und der Universität Freiburg. Er ist verheiratet und in der Freizeit gerne in der Natur unterwegs.
Stephan Pabst hat 2011 als Schulleiter Technik die Verantwortung für die überbetrieblichen Kurse (üKs) der Multimediaelektronikerinnen und -elektroniker im MMTS-BBZ übernommen. Der 60-Jährige hat einen HF-Abschluss als diplomierter Fernseh- und Radioelektroniker sowie eine berufspädagogische Bildung für hauptberufliche Berufsbildner. Pabst begeistert sich seit seiner Lehre für die Produktinnovationen in der AV-Branche und bildet sich kontinuierlich weiter. In der Freizeit fährt er gerne mit dem Motorrad über die Schweizer Pässe. (Source: MMTS-BBZ)