Porträt Klangwerk

Architektur für die Ohren

Uhr | Aktualisiert

Schon als Jugendlicher hat er viele Stunden im Plattenladen verbracht. Heute entwirft Markus Thomann Klangobjekte.

Markus Thomann sitzt auf seinem selbst entworfenen Sofa. Durch ein vom Boden bis zur Decke reichendes Fenster dringt viel Licht in den Raum. Davor stehen zwei elegante Klangskulpturen, die "Ellas". Sie lassen Musik in den Raum strömen, wie das Fenster das Licht. Entspannt lehnt sich Thomann zurück, sinkt in weiche Kissen ein. "Ich sehe ihn noch genau vor mir: Markus Rüegg im Lollypop in Bern." In Rüeggs Schallplattenladen verbrachte Thomann als Heranwachsender etliche Stunden. Die Kopfhörer auf den Ohren liess er sich von Rüegg eine Platte nach der anderen reichen und Geschichten erzählen aus der Welt der Musik. Er war mit dieser Leidenschaft nicht allein. "Viele junge Männer meiner Generation hatten eine coole Stereoanlage", sagt Thomann. Bei der ersten eigenen Stereoanlage, die er sich nach der Konfirmation zusammengespart hatte, wechselte Thomann die Lautsprecher aus. Er bestellte einen Bausatz in Deutschland. Das Ergebnis konnte sich hören lassen. Die ersten Freunde, denen er die Lautsprecher vorführte, ­waren begeistert, und einige bestellten bei ihm gleich ein Paar. Typisch, sagt Thomann. "Manche Biografien von Lautsprecherbauern beginnen ähnlich."

Musik zelebrieren, wie die Japaner das Teetrinken

Mit dem Ende der Schulzeit erlebte dieser typische Werdegang eine Unterbrechung. Thomann studierte Architektur. Am Ende des Studiums meldete sich die alte Liebe aber zurück. "Ich wollte meine Leidenschaft wiederbeleben und fand einen Dozenten in Architekturtheorie, bei dem ich die Arbeit 'Wohnräume – die anderen Konzertsäle' schreiben konnte." Die Arbeit führte ihn zu Jürg Jecklin, in der Audio-Szene bekannt als Erfinder des elek­trostatischen Kopflautsprechers "JJ Float". "Jecklin ist ein inspirierender Querdenker", schwärmt Thomann. "Er empfahl mir, Fachwissen zu büffeln. Ich suchte nach Wegen, wie sich Akustik und Raumgestaltung verbinden lassen, wie sich die an sich banale Tätigkeit des Musikhörens zelebrieren lässt, wie die Japaner das Teetrinken zelebrieren."

Elektronik aus Yverdon

Die Arbeit öffnete Thomann eine Tür. Hinter der Tür stand Dominik Stoll. Er entwirft und baut massgeschneiderte Boxen für vielfältige Anwendungen. Mit Stoll entwickelte Thomann neben seiner Tätigkeit als Architekt zwei kleine Lautsprechermodelle und gründete mit ihm und dem Elektroingenieur Thomas Junker 1997 die Firma Klangwerk. Das erste Projekt floppte. Die Produktion der Lautsprecher stand nicht im Verhältnis zum avisierten Preis. Thomann schreckte das nicht ab. Er startete ein neues Projekt, das erste in einer kleinen Serie gebaute "Klangwerk", die "Onda". Es war ein aussergewöhnlich geformter Aktivlautsprecher mit dem Manger Biegewellenwandler. Dessen Membran arbeitet nach dem gleichen Prinzip wie die Basilar-Membran im menschlichen Innenohr. Stoll unterstützte ihn anfänglich und vermittelte dann einen neuen Partner, die Firma Relec in Yverdon, die ihre Aktivtechnik und weiteres Fachwissen beisteuerten.

Heute baut Thomann Lautsprecher, deren "Form und Ausrichtung akustisch Sinn ergeben und den imaginären Klangraum evozieren". Die Lautsprecher sollen auch begeistern, wenn sie stumm sind. Sie sind Teil der Raumgestaltung. Thomann geht es aber nicht nur um die Harmonie zwischen Klang und Raum. "Ich möchte ein Projekt bis ins Detail technisch sauber umsetzen." Im Modell "Ella" sitzt deshalb die ausgeklügelte Elektronik von Relec. Sie sorgt dafür, dass die Lautsprechermembranen alle Frequenzen zur gleichen Zeit abstrahlen und die Membranbewegungen aktiv kontrolliert werden. Thomann drückt die Play-Taste, lehnt sich zurück und lächelt zufrieden.
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