"Das Online-Business wird weiter wachsen"
Sacom ist eine der ältesten und gleichzeitig eine der letzten grossen CE-Generalvertretungen der Schweiz. 2010 gründete Yves Lamontagne mit Soundtrade zusätzlich einen Distributor für Produkte, die aus vertraglichen Gründen mit Pioneer nicht durch Sacom verkauft werden dürfen. Das zahlt sich heute aus. Aber Lamontagne denkt weiter. Per 1. Januar beteiligte er sich mit seiner Lamocas Holding an der Zubehörspezialistin Elconex. Warum, erklärt er im Gespräch.
Warum haben Sie sich mit Ihrer Lamocas Holding an Elconex beteiligt?
Yves Lamontagne: Ich schätze Reto Dürler als guten Geschäftsfreund, und ich finde, dass er in den letzten Jahren einen ausgezeichneten Job gemacht hat. Die Elconex AG übernahm er ja erst 2005. Seither ist das Unternehmen kontinuierlich gewachsen, und er hat erfolgreich neue Geschäftsfelder im Zubehörhandel eröffnet. Mit meiner Lamocas Holding, unter deren Dach Sacom und Soundtrade vereint sind, habe ich mich mit 20 Prozent an seinem Unternehmen beteiligt. Reto Dürler und ich wollen Synergien finden, vor allem im Bereich der zentralen Dienste wie Technik, Logistik, IT und möglicherweise auch im Bereich Vertrieb und Marketing. Sehr wichtig ist: Unsere beiden Unternehmen bleiben eigenständig. Das Sortiment von Elconex ist zudem komplementär zu demjenigen von Sacom und Soundtrade, und Seewil, der Sitz von Elconex, liegt nur gerade eine Viertelstunde von hier entfernt. Ausserdem möchte ich das Profil meiner Vertriebsgesellschaften schärfen und mich von Marken beziehungsweise Geschäften trennen, die nicht mehr zum Produktportfolio passen. TDK etwa habe ich bereits abgegeben. Das TDK-Audio-Sortiment mit Kopfhörern und Home-Audio-Produkten wird seit dem 1. Januar von Elconex vertrieben. Den Vertrieb der Produkte aus den Speichermedien-Sortimenten von TDK, Imation und Memorex, haben wir an Open-Storage in Baar abgegeben. Ich glaube auch, dass die Art der strategischen Kooperationen, wie sie nun zwischen Reto Dürler und mir stattfindet, in der Schweiz Schule machen könnte. Die Zeiten, in denen alle alles machen, sind vorbei. Wir müssen uns in der Branche die richtigen Partner suchen, damit langfristiges Überleben möglich ist.
Ihr Head of Business Units CE verlässt Sie per Ende Februar. Wer wird für Jean-Claude Jolliet übernehmen? Wie werden Sie die Sacom AG ab März organisieren?
Erst einmal will ich Jean-Claude Jolliet meinen herzlichsten Dank dafür aussprechen, für das, was er in seiner Zeit als Head of Business Units CE geleistet hat. Er war auch, als ich letztes Jahr krank war, ein wichtiges Mitglied der Geschäftsleitung und hat das Marketing und den Vertrieb sehr gut geführt. Es ist schade, dass er uns verlässt. Er hat es geschafft, die Marke Pioneer wieder unter den Top 3 Audio- und Videomarken im Schweizer Markt zu positionieren. Bei der Nachfolge von Jean-Claude setze ich auf eine interne Lösung. Ich werde seine Aufgaben in Sales, Marketing und Einkauf auf drei bestehende Mitarbeiter verteilen und das Team selbst leiten. Leo Bergamini wird Jean-Claudes Aufgaben im Sales übernehmen, Daniel Loielo diejenigen im Marketing und Sales-Administration und Sheila Lossie diejenigen im Einkauf.
Ändert sich dadurch auch etwas für Soundtrade?
Bei Soundtrade ändert sich nicht viel. Maurizio Saccomani wird weiterhin gemeinsam mit Marius Graf die Geschicke von Soundtrade leiten.
Wie ist das Geschäft 2012 gelaufen?
Wir haben unsere Ziele erreicht. Das ist im momentanen Umfeld nicht selbstverständlich. Wir konnten auch den Betriebsgewinn nachhaltig verbessern, was auf höheren Umsatz, bessere Margen und effizientere Abläufe zurückzuführen ist.
Wie hat sich die Marke Pioneer entwickelt, die Sacom als Generalvertreterin vertreibt?
Gut. Es ist interessant, dass Pioneer als junger, trendiger Brand wahrgenommen wird. Das hilft uns nicht zuletzt auch im Onlinekanal. Bei den Pioneer-AV-Receivern sind wir ingesamt gesehen in den Top 3 im Markt. In gewissen Onlinekanälen sind wir mit AV-Receivern die klare Nummer eins. Selbstverständlich ist das nicht. Nach dem Ausstieg von Pioneer aus dem Plasma-TV-Geschäft 2009 musste die Marke ja neu positioniert werden, was auch für Sacom als Generalimporteurin Folgen hatte. Das TV-Geschäft funktioniert nicht gleich wie das Hi-Fi-Geschäft.
Wie läuft es bei Soundtrade mit der LG-Distribution?
LG hat als Marke ein riesiges Potenzial. In der Schweiz ist das Unternehmen immer noch im Wandel. Seit dem letzten Sommer arbeitet in Schlieren ein neues Managementteam unter Nacho Angel. Die Weichen sind bestimmt richtig gestellt. Mit Soundtrade vertreiben wir LG an die sogenannten Independent Dealers, also unabhängige Einzelfachhändler und wir betreuen den Interfunk-Kanal. Gleichzeitig sind wir für LGs Hotel-TV-Sparte und für LG Car Entertainment die Ansprechpartner für den gesamten Handel in der Schweiz.
Ich habe Sacom/Soundtrade nicht auf der Ausstellerliste der Expo CE in Montreux entdeckt. Ein Versehen, oder nehmen Sie tatsächlich nicht teil?
Ja, es stimmt. Es ist ein strategischer Entscheid, nicht an der Expo CE in Montreux teilzunehmen.
Wie sehen Sie die Entwicklung des Schweizer Consumer-Electronics-Marktes 2013?
Es wird bestimmt nicht einfach. GfK Switzerland prognostiziert weiterhin Negativwachstum im Schweizer CE-Markt. Im TV-Bereich rechnet GfK mit einem Minus von vier Prozent. Der Static-Audio-Markt dürfte dank des neu erwachten Bewusstseins für guten Sound bei den Konsumenten eher stabil bleiben und wertmässig im Plus liegen. Im Bereich Portable Audio sehen wir ein deutliches Minus.
In welchen Bereichen wollen Sie wachsen?
Wir werden uns auch dieses Jahr in unseren Nischen bewegen, unser Audio-Sortiment pflegen und das Lösungsgeschäft ausbauen. Konkret gibt es bei uns in der Distribution folgende Wachstumsfelder: Pioneer Home mit AV-Receivern, Micro- und Minianlagen. Dann der Bereich Kopfhörer, Ion-Audio und die Lautsprechermarke Magnat, von der wir seit dem 1. Januar nicht nur das Car-Audio-, sondern auch das Home-Portfolio vertreiben. Wir werden weiterhin mit Sacom, Soundtrade und im DJ-Bereich mit Beatmix unterwegs sein. Wir setzen auf Trendprodukte und Innovation.
Welche weiteren Beteiligungen oder Zukäufe planen Sie?
Vieles ist möglich. Ich bin offen für weitere Beteiligungen. Konkret oder spruchreif ist allerdings noch nichts. Ich könnte mir auch vorstellen, dass wir unsere Geschäftstätigkeit in Richtung DACH-Raum erweitern. Das würden wir allerdings nicht alleine machen, sondern mit Partnern. Für neue, innovative Produkte muss man in Zukunft immer mehr ein DACH-Konzept anbieten können. Die Schweiz alleine gibt heutzutage für einen Distributor unserer Grösse nicht mehr genug her.
Welche Produkte fehlen im Sortiment?
In der Breite fehlt uns natürlich das TV-Geschäft. Ich sagte mir zwar vor drei Jahren: Nie wieder Fernseher! Doch werden in der Schweiz noch immer rund 850'000 Fernseher pro Jahr verkauft. Der Reiz, in diesem Bereich etwas zu machen, ist halt schon da, und ich werde sicher meine Augen offen halten. Vorstellen könnte ich mir auch, in ganz neue Geschäftsfelder einzusteigen, etwa in Healthcare, Fashion oder elektronische Spielwaren. Zudem gibt es in der Schweiz immer noch ein massiv unterentwickeltes Angebot für die Generation 55+, die sogenannten Silver Surfer. Der Hobby-, Freizeit- und Spielemarkt wächst zudem. Einige unserer Mitbewerber, wie etwa Alltron, haben das schon länger entdeckt.
Wie wollen Sie das Unternehmen für die Zukunft aufstellen?
Ich sehe, dass der Spagat zwischen Premium/High-End und Günstig/Billig immer schwieriger wird. Vor allem der Handel, aber auch wir als Distributor beziehungsweise Generalvertreter müssen uns entscheiden, in welche Richtung wir gehen wollen. Viele Händler haben sich das noch nie richtig überlegt, haben kein eigentliches Konzept, geschweige denn eine Marketingstrategie. Doch so überlebt man heutzutage in diesem hochkompetitiven Markt nicht mehr. Ich meine auch, dass sich der Handel mit dem Thema Online-, beziehungsweise Multichannel-Vertrieb auseinandersetzen muss. Denn das Online-Business wird in unserer Branche weiter wachsen.
Welche Markttrends darf der Handel nicht verschlafen?
Klar ist: Heutzutage muss sich der Handel mit dem Verkauf, der Installation und der Wartung von Netzwerken befassen. Ohne fachliche Kompetenz in diesem Bereich wird es in Zukunft schwierig werden. Die "Netzwerk-Realität" in den Haushalten ist zudem komplex. Es braucht Fachleute, die sich damit auskennen und mögliche Netzwerkprobleme bei den Konsumenten zuhause lösen können.
Was wünschen Sie sich von Ihren Händlern?
Ich wünsche mir, dass sie sich weiterbilden, die Trends am Markt nicht verschlafen und sich überlegen, was sie eigentlich als Händler beziehungsweise Fachspezialisten bieten können oder wollen. Die Zeit der Händler, die von allem etwas haben, aber nichts richtig können, ist vorbei. Ein klares Konzept mit einem klaren Ziel und mit einem vertieften Verständnis im Lösungs- und Projektgeschäft – das wünsche ich mir vom CE-Handel in der Schweiz.
Persönlich
Yves Lamontagne ist 54-jährig, verheiratet, Vater von zwei erwachsenen Töchtern. Er trat 1983 in die Firma Sacom ein, führt sie seit 1988 und ist seit 1999 der alleinige Eigentümer der Lamocas Holding. In seiner Freizeit verbringt er viel Zeit in der Natur mit seiner Bernhardinerhündin Akyra.