Der Chamäleon-Effekt

Empa-Forschende drucken biologisch abbaubare Displays

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von Anna Ettlin, lha

Mittels 3-D-Druck biologisch abbaubare Sensoren und Displays herstellen? Ein Material, mit dem genau das möglich ist, haben Forschende aus dem Empa-Labor Cellulose & Wood Materials auf Basis von Cellulose entwickelt. Das Gemisch aus Hydroxpropyl-Cellulose, Wasser, Kohlenstoff-Nanoröhrchen und Cellulose-Nanofasern verändert je nach Temperatur und Dehnung seine Farbe – und dies ganz ohne Zusatz von Pigmenten.

Das 3-D-gedruckte Empa-Logo aus dem neuartigen HPC-Gemisch wechselt die Farbe, wenn es sich erwärmt. (Source: Empa)
Das 3-D-gedruckte Empa-Logo aus dem neuartigen HPC-Gemisch wechselt die Farbe, wenn es sich erwärmt. (Source: Empa)

ETH-Forschende haben ein Material entwickelt, mit dem sie biologisch abbaubare Displays und Sensoren per 3-D-Druck herstellen können. Als Ausgangsstoff diente den Forschenden Hydroxypropyl-Cellulose (HPC), die unter anderem als Hilfsstoff in Pharmazeutika, Kosmetikartikeln und Lebensmitteln eingesetzt wird. Eine Besonderheit von HPC ist, dass sie nach Zugabe von Wasser Flüssigkristalle bildet. Diese Flüssigkristalle haben eine bemerkenswerte Eigenschaft: Je nach Kristallstruktur – die unter anderem abhängig ist von der HPC-Konzentration – schillern sie in unterschiedlichen Farben – obwohl sie eigentlich farb- beziehungsweise pigmentlos sind.

Dieses Phänomen nennt sich strukturelle Färbung und ist aus der Natur bekannt: Pfauenfedern, Schmetterlingsflügel und die Haut des Chamäleons erhalten ihre bunte Färbung ganz oder teilweise nicht durch Farbstoffe, sondern durch mikroskopische Strukturen, die das einfallende (weisse) Tageslicht in seine Spektralfarben "aufspalten" und nur bestimmte Wellenlängen – sprich: Farben – reflektieren.

Die strukturelle Farbe von HPC verändert sich indes nicht nur mit der Konzentration, sondern auch mit der Temperatur. Um diese Eigenschaft besser ausnutzen zu können, setzten die Forschenden um Gustav Nyström der Mischung aus HPC und Wasser noch 0,1 Massenprozent Kohlenstoff-Nanoröhrchen zu. Dies macht die Flüssigkeit elektrisch leitfähig und ermöglicht es den Forschenden, die Temperatur – und somit die Farbe der Flüssigkristalle – durch das Anlegen einer elektrischen Spannung zu steuern. Bonus: Der Kohlenstoff fungiert als Breitbandabsorber, der die Farben intensiver macht. Mit einem weiteren Zusatz, eine kleine Menge an Cellulose-Nanofasern, gelang es Nyströms Team ausserdem, die Mischung 3-D-druckbar zu machen, ohne Färbung und Leitfähigkeit zu beeinträchtigen.


Mittels 3-D-Druck stellten die Forschenden unterschiedliche Anwendungsbeispiele aus der neuartigen Cellulosemischung her. Darunter etwa einen Dehnungssensor, der seine Farbe je nach mechanischer Verformung verändert, sowie ein einfaches Display aus sieben elektrisch gesteuerten Segmenten. "Wir haben in unserem Labor bereits unterschiedliche elektronische Komponenten auf der Basis von Cellulose entwickelt, etwa Batterien und Sensoren", sagt Xavier Aeby, Co-Autor der Studie. "Das ist nun das erste Mal, dass wir auch ein Display auf Cellulose-Basis entwickeln konnten."

In Zukunft könnte die Cellulose-basierte Tinte zahlreiche ganz unterschiedliche Anwendungen finden, etwa für Temperatur- und Verformungssensoren, zur Kontrolle der Lebensmittelqualität oder für die biomedizinische Diagnose. "Nachhaltige Materialien, die sich 3-D-drucken lassen, sind von grossem Interesse, unter anderem für Anwendungen in biologisch abbaubarer Elektronik und für das Internet der Dinge", sagt Laborleiter Nyström. 

"Es gibt noch viele offene Fragen dazu, wie strukturelle Färbung überhaupt entsteht und wie sie sich durch unterschiedliche Zusatzstoffe oder durch Umwelteinflüsse verändern lässt." Dem will Nyström mit seinem Team weiter nachgehen in der Hoffnung, noch weitere interessante Phänomene und Anwendungsmöglichkeiten zu entdecken.

Dieser Beitrag erschien zuerst bei der Empa.

Ebenfalls mit biologisch abbaubaren Komponenten setzt sich Empa-Forscher Thomas Geiger auseinander. Er wollte herausfinden, ob sich aus Cellulosefasern ökologisch nachhaltige Platinen für die Elektronikindustrie herstellen lassen. Mehr zu seiner Forschung lesen Sie hier.

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