Nachgefragt

Das sagen Schweizer Unternehmen zum Covid-Zertifikat

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von René Jaun und jor

Der Bund will prüfen, ob Arbeitgebende von ihren Angestellten ein Covid-Zertifikat verlangen können. Grosse Schweizer Unternehmen stehen der Idee einer Zertifikatspflicht kritisch gegenüber. Je nach Entwicklung könnte sich dies jedoch ändern.

(Source: bag.admin.ch/)
(Source: bag.admin.ch/)

Seit Juni stellen Schweizer Kantone digitale Covid-Zertifikate aus. Wer grössere Events besuchen oder in andere Länder einreisen will, belegt damit, zu den geimpften, genesenen oder getesteten zu gehören. Geht es nach dem Bundesrat, soll die Zertifikatspflicht bald schon drastisch ausgedehnt werden, etwa auf Innenbereiche von Restaurants, diverse Kulturbetriebe oder sportliche Aktivitäten im Innern - einen entsprechenden Vorschlag hat die Exekutive am 25. August zur Konsultation an die Kantone geschickt.

Und auch am Arbeitsplatz könnte das Corona-Zertifikat an Bedeutung gewinnen. Wie das Bundesamt für Gesundheit (BAG) mitteilt, schlägt der Bundesrat vor, den Einsatz des Zertifikats im Arbeitsbereich in der Verordnung zu klären. "Es soll explizit festgehalten werden, dass die Arbeitgeber das Vorhandensein eines Zertifikats prüfen dürfen, wenn dies der Festlegung angemessener Schutzmassnahmen oder der Umsetzung des Testkonzepts dient", heisst es in der Mitteilung

Noch im Mai hatte der Bundesrat dies explizit ausgeschlossen, berichtet "SRF". Indem er nun den Einsatz des Zertifikats prüft, komme er einem Anliegen des Arbeitgeberverbandes nach, bestätigt dessen Kommunikationsleiter Fredy Greuter im Bericht. "Das ist wichtig, damit die Ansteckungsgefahr am Arbeitsplatz reduziert werden kann. Dazu kommt, dass mit diesem Vorgehen auch das Risiko eines Lockdowns abgewendet werden kann", lässt er sich zitieren.

Schweizer Unternehmen sind nicht interessiert – vorerst

Was halten grosse Schweizer Unternehmen davon, von ihren Angestellten ein Corona-Zertifikat zu fordern? Auf Anfrage geben sich viele von ihnen zurückhaltend oder abwartend. "Eine Zertifikatspflicht spielt in unseren Überlegungen derzeit keine Rolle, bei einer entsprechenden Entwicklung der Pandemie würden wir dies neu bewerten", schreibt etwa SAP-Sprecherin Stephanie Freise. Ronnie Petermann von der Credit Suisse führt aus: "Impfungen sind in der Schweiz freiwillig. Eine Impfpflicht inklusive Impfnachweis für die Covid-19-Impfung ist bei der Credit Suisse in der Schweiz derzeit nicht vorgesehen – bei uns kommt das Covid-Zertifikat bislang im regulären Büro- oder Geschäftsbetrieb nicht zum Einsatz."

Viele Unternehmen berufen sich in ihren Stellungnahmen auf die Verordnungen des BAG. "Wir sind als Arbeitgeberin nicht berechtigt, aufgrund des Covid-Zertifikats Ausnahmen von den geltenden Schutzmassnahmen zu genehmigen, da sowohl das Testen als auch das Impfen freiwillig sind", schreibt etwa Léa Wertheimer, Leiterin Media Relations bei der Schweizerischen Post. Manche Firmen, darunter die Telkos Swisscom und Sunrise UPC, schreiben keine Covid-Impfung vor, unterstützen aber die Impf-Kampagne des BAG. Impfungen während der Arbeitszeit seien Mitarbeitenden erlaubt.

Ein Zertifikat hie und da

Vor einigen Wochen sorgte Google für Schlagzeilen, als der Konzern die Corona-Impfung für alle Angestellten für verbindlich erklärte, die auf dem Firmencampus arbeiten. Laut Google Schweiz steht aktuell noch nicht fest, ob und inwiefern diese Regel auch hierzulande gelten soll. Das Gros der von der Redaktion befragten Unternehmen spricht sich in ihren Stellungnahmen klar gegen eine Impfpflicht aus.

Doch ganz ohne Gesundheitszertifikat geht es doch nicht bei allen Firmen. Sunrise UPC bittet bei Veranstaltungen auch seine Angestellten um ein Covid-Zertifikat. Laut Sprecher Rolf Ziebold passiert das sowohl bei Anlässen mit externen Teilnehmenden als auch bei freiwilligen internen Events. Bei internen Veranstaltungen mit Pflichtteilnahme gelte dagegen eine Maskenpflicht in Innenräumen und Sitzpflicht bei Konsumation von Lebensmitteln.

Einen ganz anderen Weg schlägt Microsoft Schweiz ein: "Bevor die Mitarbeitenden unsere Büros betreten, müssen sie täglich einen sogenannten Health-Check ausfüllen", schreibt Communications Manager Marsel Szopinski. "Über ein digitales Microsoft-Tool können die Mitarbeitenden damit selbst attestieren, dass sie in den letzten 72 Stunden keine Symptome hatten und nicht unter Quarantäne stehen. Im Anschluss erhalten sie ein Zertifikat, das für einen Tag gültig ist."

Weniger Interesse an Covid-Tests

Gefragt, ob Unternehmen ihren Mitarbeitenden Covid-Tests anbieten, ergibt sich ein diverses Bild. Kostenlose Covid-Tests stehen Angestellten von SAP Schweiz und Credit Suisse zur Verfügung. Bei Sunrise UPC erhalten Shop-Mitarbeitende und Personen, die regelmässig in Kundenkontakt stehen, die Möglichkeit, sich wöchentlich kostenlos zu testen.

Die Schweizerische Post wiederum stellte im Juli die Betriebstestungen ein, da immer mehr Mitarbeitende geimpft seien und das entsprechende Interesse an freiwilligen Tests zurückgegangen sei. Es bestehe aber die Option, sie nach Bedarf wieder einzuführen, schreibt Post-Sprecherin Léa Wertheimer. Keine Tests für Angestellte bieten Swisscom, Microsoft Schweiz und die SBB.

Homeoffice und Masken bleiben

Derweil bieten die meisten befragten Unternehmen ihren Angestellten auch weiterhin die Möglichkeit, teilweise im Homeoffice zu arbeiten, sofern dies Sinn ergibt. "Die Mitarbeitenden teilen sich in einem definierten Rahmen ihre Zeit selbst ein und bestimmen selbst, wie und wo sie arbeiten", schreibt Rolf Ziebold von Sunrise UPC. "Während sie ihren Arbeitsplatz flexibel bestimmen, sind sie im Büro immer willkommen, und wir empfehlen ihnen, diese Möglichkeit zu nutzen und die Kolleginnen und Kollegen mindestens während 40 Prozent der Arbeitszeit persönlich zu treffen".

Bei der Post "entscheidet neu das Team, gemeinsam mit der Führungsperson, über die Ausgestaltung der Zusammenarbeit. Die gemeinsame Zeit im Büro bleibt für uns auch in Zukunft die dominierende Arbeitsform. Homeoffice ergänzt diese als normaler Bestandteil unserer Zusammenarbeit", schreibt das Unternehmen. SAP Schweiz empfiehlt ihren Mitarbeitenden weltweit bis auf Weiteres, von daheim aus zu arbeiten. Bei der Credit Suisse arbeiten aktuell rund 70 Prozent der Belegschaft von Zuhause aus.

Wo Homeoffice nicht möglich ist, gelten nach wie vor Schutzkonzepte. So gilt beispielsweise in den Innenräumen der SBB weiterhin eine Maskenpflicht, "solange man sich nicht an einem Arbeitsplatz befindet, der genügend Abstand zu den umliegenden Arbeitsplätzen hat", schreibt Daniele Pallecchi von den Schweizerischen Bundesbahnen und fügt an: "Als schweizweit tätiges Unternehmen wünschen wir schweizweit einheitliche Regelungen. Diese werden vom Bundesrat beziehungsweise dem BAG und BAV erlassen."

Bei Microsoft Schweiz "gelten beispielsweise die gängigen Abstands- und Hygieneregeln, das Maskentragen überlassen wir in der Verantwortung unserer Mitarbeitenden", teilt Sprecher Marsel Szopinski mit. Auch die Swisscom setzt bei Treffen von Mitarbeitenden auf Eigenverantwortung und schreibt Masken nur vor, wo der vorgeschriebene Mindestabstand nicht eingehalten werden kann.

Laut einer globalen Umfrage von Accenture gewinnt hybrides Arbeiten wachsenden Zuspruch. Doch der Trend zum Homeoffice kommt nicht bei allen Altersgruppen gleich gut an. Junge Mitarbeitende wünschen sich einerseits wieder mehr persönliche Kontakte im Berufsalltag. Andererseits würden viele Junge mehr Homeoffice für weniger Lohn in Kauf nehmen.

Poly hat unlängst sechs verschiedene Mitarbeiter-Typen in Zeiten von New Work definiert und deren charakteristische Kommunikations- und Arbeitsweisen analysiert.

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