Warum es für Digital Signage viel mehr braucht als nur Technologie
Seit Oktober 2020 bietet Stefan Stammbach mit seinem Unternehmen Cleverdisplay massgeschneiderte AV-Lösungen an. Wie er die ersten Monate als Unternehmer erlebte und warum es für Digital Signage viel mehr als nur Technologie braucht, sagt er im Interview.
Was hat Sie dazu gebracht, Ihr eigenes Unternehmen zu gründen?
Stefan Stammbach: Meine Ideen, die ich schon lange im Kopf hatte, umsetzen zu können. Wenn man bei einem Unternehmen angestellt ist, kann man sich zwar innerhalb der Grundstrukturen der Firma entfalten, aber nicht darüber hinaus. Während meiner Jahre in der Distribution und Integration habe ich viel Gutes gesehen, aber auch viele Dinge, die ich anders machen würde.
Was sind das für Dinge?
Es wird häufig zu viel Wert auf die Technologie und nicht auf die Betreuung des Kunden gelegt. Bei Digital Signage geht es nicht nur darum, ein Display zu platzieren, sondern auch darum, Content zu optimieren. Solange auf einem Display nur Bild, um Bild, um Bild gezeigt wird, verliert es spätestens nach dem dritten Mal daran Vorbeigehen seinen Effekt. Ich begleite darum den Kunden eng, um ihm aufzuzeigen, wie sein Display attraktiv bleibt. Dabei gilt es, die richtige Balance zwischen Nutz- und Fun-Content zu finden. Es können ganz kleine Dinge sein, die die Aufmerksamkeit der Leute aufrechterhalten. Ich durfte beispielsweise ein Konzept für eine Überbauung erstellen, wo man anstelle des Schwarzen Brettes ein Display installieren wollte. Damit sich die Bewohnerinnen und Bewohner das Display auch regelmässig ansehen, haben wir einen Regenradar integriert. So bieten wir einen Mehrwert. Man kann am Morgen beim Rausgehen einen Blick darauf werfen und – falls nötig – nochmal zurück in die Wohnung und den Regenschirm holen.
Wieso sind Sie gerade in dieser eher schwierigen Zeit gestartet?
Mir wurde diese Frage sehr häufig gestellt. Den perfekten Zeitpunkt gibt es nicht. Ich lebe nach dem Grundprinzip: probieren, und dann weisst du, ob es funktioniert. Der Schweizer tendiert dazu, Dinge nur dann in Angriff zu nehmen, wenn er kein Risiko eingeht und 100-prozentige Perfektion gewährleisten kann. Da lassen wir uns vom Ausland häufig die Wurst vom Brot nehmen. Denn wir tüfteln so lange an unseren Lösungen, bis der Markt bereits von nicht-perfekten Lösungen überschwemmt ist. Egal wie perfekt eine Lösung ist, wenn sie keiner kennt und sie zu spät auf den Markt kommt, ist der Zug abgefahren. Ausserdem: Wenn man es in dieser turbulenten Zeit schafft, erfolgreich zu sein, dann schafft man es immer.
Wie liefen die ersten Monate mit Cleverdisplay?
Ich bin zufrieden. Ich arbeite momentan an vielen Projekten, bei denen es um Kollaboration geht. Hier unterstütze ich Kunden bei Webinaren dabei, ihre Inhalte zu ihren Kunden zu bringen, technische Schulungen durchzuführen, Video-Conferencing-Lösungen einzusetzen und so weiter. Beim Werbedisplay-Netz, das ich momentan aufbaue, sieht es etwas anders aus. Da ich normalerweise viele Anfragen aus der Gastronomie erhalte, ist die Nachfrage wegen der Pandemie gedämpft. Das wird sich aber schnell ändern, sobald die Gastrobetriebe ihre Türen wieder öffnen können.
Welches Projekt hat Ihnen bisher am meisten Spass gemacht?
Da gibt es mehrere. Bei der E-Profi Education AG in Eschenbach St. Gallen durfte ich alle Schulzimmer umbauen und mit Displays und Kameras ausstatten, um hybriden und Fernunterricht zu gewährleisten. Bei E-Profi handelt es sich um eine Weiterbildungsschule für Personen aus der Elektrobranche. Es kommt dort häufig vor, dass Leute vorbeikommen, die sich nicht sicher sind, welcher der Lehrgänge für sie der richtige ist. Darum wollte der Kunde zusätzlich die Bildungsberatung digitalisieren und interaktiv gestalten. Ich baute für ihn eine Signage-Applikation, die sich per iPad steuern lässt, das direkt neben dem Screen hängt. Grosse Touchscreens für Signage-Installationen sind häufig teuer, ausserdem muss man sie ständig putzen. Diese Probleme gibt es mit der Steuerung übers iPad nicht. Ist gerade niemand dabei sich zu informieren, zeigt das Display über eine Live-Integration Informationen über das Wetter, ÖV-Anbindungen oder die Nachrichten an. Wir haben für dieses Projekt selbst eine Software geschrieben, die das externe Triggering überhaupt ermöglicht. Die Lösung kam sehr gut an und wir erhielten sogar vom Hersteller selbst Anfragen, ob wir die Lösung in anderen Ländern verkaufen könnten.
Haben Sie auch schon Projekt abgewiesen?
Ja. Das kam vor. Wer günstig kauft, kauft zweimal. Das gilt auch im AV-Bereich. Für mich ist es extrem wichtig, dass der Kunde am Ende glücklich ist. Darum weigere ich mich, Installationen zu tätigen, hinter denen ich nicht stehen kann. Falls man einem Kunden eine günstige Lösung verkauft, einfach damit man etwas verkauft hat, und er nachher ein Problem damit hat, fragt keiner nach dem Preis. Für das Empfehlungsmarketing ist es völlig Wurst, ob eine Lösung 500 oder 5000 Franken gekostet hat.
Woher kommen Ihre Kunden?
Meine Kunden befinden sich nicht nur im Aargau, sondern sind über die ganze Schweiz verteilt – von Ascona übers Rheintal bis nach Zürich und Basel. Ich bin extrem dankbar dafür, dass meine Arbeit über die vergangenen Jahre Früchte getragen hat und darum auch Kontakte von früher immer wieder auf mich zukommen.
Sie sagen hin und wieder "wir". Ich dachte, Sie seien noch als One-Man-Show unterwegs.
Ich bin als One-Man-Show unterwegs, was den Anstellungsbereich betrifft. Ich arbeite aber mit Partnern zusammen. Geht es um die grafische Aufbereitung von Content, arbeite ich mit einer Agentur zusammen. Ich habe einen Software-Ingenieur, der als Freelancer für mich arbeiten kann, und ich werde bei der Administration unterstützt. So können wir alles aus einer Hand anbieten.
Wollen Sie später einmal ein eigenes Team aufbauen?
Unbedingt! Wenn man ein solches Projekt in Angriff nimmt, muss man das unter einem langfristigen Aspekt machen, damit man der Gesellschaft etwas zurückgeben kann. Da gehört auch dazu, dass man Arbeitsstellen schafft. Ich werde aber erst dann Mitarbeitende Vollzeit anstellen, wenn ich ihnen mindestens für die nächsten ein bis zwei Jahre einen sicheren Arbeitsplatz bieten kann.
Warum Cleverdisplay?
Für eine gute Lösung braucht es eine clevere Idee. Ich habe so häufig erlebt, dass wunderschöne, hochprofessionelle Installationen gemacht wurden, man sich aber null Gedanken machte um den Content, das Zielpublikum oder darüber, was der Kunden mit der Installation erreichen möchte. Ersetzt man einfach ein Plakat durch einen Screen ohne Konzept dahinter, bietet das keinen Mehrwert. Verkauft man aber eine Lösung mit gutem Konzept, skaliert diese auch.
Sie sind schon ein Weilchen in der AV-Branche tätig. Was reizt Sie daran?
Immer wieder etwas Neues. Die Bedürfnisse der Kunden bleiben zwar über längere Zeit ähnlich, aber die Medien, mit denen man diese Bedürfnisse abdecken kann, wandeln sich extrem schnell. Man muss immer am Ball bleiben und Neues ausprobieren. Heute können wir Lösungen mit zwei oder drei Klicks erledigen, für die früher eine Installation im exorbitanten Investitionsbereich nötig gewesen wäre. Dieser Wandel ist unglaublich spannend.
Wie ist momentan die Stimmung in der Branche?
Den grossen Anbietern geht es relativ gut. Das liegt vor allem daran, dass sie flexibel genug sind, um ihren Fokus zu verlagern und auch genügend Ressourcen zur Verfügung haben. Allgemein kommen innovative, flexible Unternehmen relativ gut mit der Situation zurecht. Sie merkten schnell, dass sie den Fokus jetzt auf Livestreaming und Conferencing-Lösungen legen müssen. Viele mittelständische Unternehmen und Integratoren, die sich in erster Linie auf den Rental-Bereich konzentrieren, haben momentan aber stark zu kämpfen. Um einen erschreckend hohen Anteil der Integratoren ist es still geworden.
Was nehmen Sie mit Cleverdisplay als Nächstes in Angriff?
Ich erarbeite momentan eine Marketingkampagne für unsere Webinar-Unterstützungen. Ich erhalte ausserdem sehr viele Anfragen von Kunden, die Schulungen und Zertifizierungskurse anbieten, die sie nun aber nicht mehr gewährleisten können. Hier arbeite ich mit ihnen daran, wie sie ihre Informationen trotzdem herausgeben können. Und sonst bin ich momentan viel unterwegs, um Verträge für mein Werbenetz zu definieren, sodass wir damit relativ zügig starten können, sobald die Schweiz aus der Corona-Schockstarre erwacht.
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persönlich
Stefan Stammbach (36) hat im Oktober 2020 Cleverdisplay Stammbach gegründet. Vor der Selbstständigkeit war Stammbach beim Glattbrugger AV-Distributor Mobilepro als Area Sales Manager tätig. Nach der Lehre als Multimediaelektroniker und einem mehrjährigen Ausflug in die IT-Distribution ist er seit neun Jahren in der Pro-AV-Branche tätig. Nebenamtlich unterrichtet er Marketing an einer Weiterbildungsschule und ist im Vorstand von SwissGIN sowie Stiftungsmitglied von Smarttech Education swiss. Stammbach ist Vater von vier Jungen im Alter von 3, 7, 9 und 10 Jahren. In seiner Freizeit fährt er leidenschaftlich Mountainbike und beschäftigt sich mit Programmierungen rund ums Haus. Quelle: Cleverdisplay