Google Stadia im Hands-on: Gaming-Freuden und Controller-Leiden
Google Stadia ist endlich in der Schweiz angekommen. Die Redaktion konnte den Game-Streaming-Dienst bereits unter die Lupe nehmen. Es zeigt sich, dass Google im Streaming-Bereich alles sehr gut macht. Der Stadia-Controller hatte aber manchmal Verbindungsprobleme.
Nach rund einem Jahr ist es soweit: Google Stadia ist am 7. Dezember 2020 auch endlich in der Schweiz angekommen. Der Game-Streaming-Dienst startete im November 2019. Wie gut er funktioniert, konnte die Redaktion bereits testen. Trotz einiger Stolpersteine überzeugten die Resultate sehr.
Das verspricht Google Stadia
Wie bei Konkurrenzdiensten - etwa von Sony oder Nvidia - soll es keine nennenswerte Hardware brauchen, um die Spiele in hoher Qualität zu geniessen. Die Rechenleistung findet auf den Google-Servern statt, dem Gamer oder der Gamerin wird lediglich das Bild gestreamt. Je nach Bandbreite können User die Games mit einer Auflösung von bis zu 4k bei 60 Bildern pro Sekunde und einer Audioqualität von bis zu 5.1-Surround spielen. Google empfiehlt eine Internetverbindung mit mindestens 10 Megabit pro Sekunde (Mbit/s). Für 4k-Gaming sind mindestens 35 Mbit/s erforderlich. Da primär die Bandbreite über die Gaming-Qualität entscheidet, soll das Zocken von Stadia über TVs, Rechner, Tablets und Smartphones möglich sein. Stadia prüft während dem Gamen ausserdem stets die Internetqualität, um die Bildqualität bei Schwankungen nahtlos anzupassen und ein ruckelfreies Spielerlebnis zu ermöglichen.
Aufgrund der relativ grossen Kompatibilität des Dienstes braucht es grundsätzlich keine zusätzliche Hardware, um Google Stadia nutzen zu können. Gemäss Angaben von Google funktioniert die Steuerung auch per Maus und Tastatur (PC), per Touchscreen (Smartphone oder Tablet) oder über kompatible Controller wie etwa den Dualshock 4 von Sony oder den Xbox-One-Controller. Dennoch bietet Google Interessierten einen eigenen Stadia-Controller an.
Das Auspacken
Im Hands-on wurde die Google Stadia Premiere Edition getestet. In dem entsprechenden Paket wurden ein Stadia-Controller und ein Chromecast Ultra geliefert.
Der mitgelieferte Stadia-Controller kam in weiss. Er ist auch in anderen Farben erhältlich. (Source: Netzmedien)
Chromecast Ultra kann per HDMI-Anschluss an jeden Bildschirm mit einem entsprechenden Anschluss angehängt werden und erlaubt so das Game-Streaming auf jedem TV - selbst wenn er noch nicht smart sein sollte.
Der Chromecast Ultra macht jeden Bildschirm mit HDMI-Anschluss etwas smarter. (Source: Netzmedien)
Eine Smartphonehalterung stand ebenfalls zur Verfügung. Diese kann am Controller angebracht werden. Auf diese Weise sind die Hände frei, um den Controller zu gebrauchen, während man auf seinem Smartphone zockt.
Die Halterung befestigt das Smartphone am Controller. (Source: Netzmedien)
Das Einrichten
Der erste Test von Stadia wurde am Fernseher gemacht. Zuvor hiess es aber auch, alles einzurichten.
Der erste Schritt: Den Chromecast Ultra am TV und einer Stromversorgung anschliessen. Der TV erkannte das Gerät sofort. Wie bei älteren Versionen des Chromecast konnte die Einrichtung des Geräts via Google-Home-App vorgenommen werden.
Der zweite Schritt: Die Stadia-App auf das Smartphone laden. Installieren, registrieren, fertig. Theoretisch konnte man bereits jetzt auf dem Smartphone zocken.
Der dritte Schritt: Den Stadia-Controller mit dem Internet verbinden. Dafür musste das Smartphone in der Stadia-App den Controller entdecken, worauf das WiFi-Passwort eingegeben werden musste.
Der vierte Schritt: Den Chromecast Ultra mit dem Stadia-Account verknüpfen und den Controller mit dem Chromecast verbinden. Das macht man, indem man beim frisch gestarteten Controller eine Tastenkombination eingibt, die der Chromecast Ultra anzeigt.
Gerade der letzte Schritt, also die Verbindung des Controllers mit dem Chromecast, verlief nicht ganz reibungslos. Die Verbindung klappte erst nachdem die WiFi-Verbindung neu hergestellt wurde. Danach funktionierte die Verbindung mit dem Chromecast Ultra.
Stadia-Gaming am TV
Im Stadia-Pro-Abo sind 31 Spiele gratis verfügbar - Stand November 2020. Die restlichen Titel müssen erworben werden, jedoch zum Teil mit starken Rabatten. Unter der Gratis-Auswahl befanden sich "Superhot" und "Orcs Must Die 3". Das bereits etwas ältere Spiel "Superhot" fühlte sich komplett authentisch an. Keine Ruckler, keine spürbaren Eingabeverzögerungen, keine Bildverzerrungen oder sonst was: Es gab keine Unterschiede zum Gaming mit Hardware vor Ort - ein voller Erfolg also.
Bei "Orcs Must Die 3" aktivierte der TV überraschenderweise HDR - ein Hinweis darauf, dass das Game in 4k gestreamt wurde. Tatsächlich konnte das Spiel auch hier ohne spürbare Einschränkungen im Vergleich zum regulären Gaming gezockt werden. Besonders die Befürchtung, dass bei Game-Streaming eine Eingabelatenz bestehen würde, verflüchtigte sich bereits nach den ersten 10 Minuten des Zockens am TV. Das Bild war durchgehend kristallklar.
Stadia machte genauso Spass, wie an einer tatsächlichen Konsole zu zocken. (Source: Netzmedien)
Stadia-Gaming am Smartphone
Als Nächstes stand das Gaming auf dem Smartphone auf dem Programm. Das Gerät, auf dem Stadia zum Einsatz kommen sollte, war ein Samsung Galaxy S9.
Das Anbringen der Halterung am Controller und danach des Smartphones darauf war kein Problem. Alles war stabil genug, dass nicht befürchtet werden musste, dass das Smartphone beim Zocken plötzlich aus der Halterung hüpft.
Die Smartphonehalterung war sehr stabil. (Source: Netzmedien)
Das Verbinden des Smartphones mit dem Controller stellte sich als sehr mühsam heraus. Eigentlich sollte man den Stadia-Controller nur starten müssen und den Code eingeben, den das Gerät anzeigt, auf dem Stadia gezockt werden soll. Jedes Gerät hat dabei seinen eigenen vier- bis fünfstelligen Code.
Ein vierstelliger Code soll den Controller mit verschiedenen Geräten verbinden. Das funktionierte beim Test nicht immer. (Source: Netzmedien)
Der Stadia-Controller weigerte sich an diesem Tag aber schlicht, sich mit irgendetwas zu verbinden als mit dem Chromecast Ultra. Sich jedes Mal neu mit dem WiFi zu verbinden und das Passwort neu einzugeben, war keine Option. Also zurück zum guten alten Kabel.
Mit einem USB-C-Adapter liess sich dann der USB-Stecker des Kabels mit dem Smartphone verbinden. Danach funktionierte die Steuerung per Stadia-Controller absolut tadellos. Einziger Nachteil an diesem Setup: Das Smartphone kann auf diese Weise nicht gleichzeitig geladen werden. Aber alternativ würde ja noch eine Touch-Steuerung zur Verfügung stehen.
Als es endlich daran ging, "Orcs must Die 3" auf dem Smartphone auszuprobieren, schien es zunächst so, als ob nichts daraus wird. Bild und Ton wurden zwar gestreamt und ein kurzer Blick in das Gameplay zeigte auch, dass die Steuerung funktionieren würde. Doch ruckelte alles - nicht bis zur Unspielbarkeit, aber spürbar. Umso erstaunlicher war es, als das WiFi ausgeschaltet wurde und das Game über 4G startete: Alles funktionierte so reibungslos wie zuvor auf dem TV. Insofern lag das Problem wohl eher an der Kommunikation zwischen dem Smartphone und dem Router als an Stadia. Aber was noch viel wichtiger ist: Die Ära des mobilen Game-Streamings hat definitiv spätestens jetzt begonnen - ein stabiles Netzwerk und viel Datenkapazität vorausgesetzt. Man kann ja nicht alles haben.
Nachdem der Controller verbunden war, funktionierte das Gaming auf dem Smartphone ohne Probleme. (Source: Netzmedien)
Nachdem das Gameplay mit kabelverbundenem Controller und 4G funktionierte, wurde auch gleich die Touch-Steuerung getestet. Sie ist grundsätzlich wie ein Controller aufgebaut, mit zwei virtuellen Joysticks und allen möglichen Knöpfen. Aber Touch-Steuerung bleibt eben Touch-Steuerung. Auch wenn es funktioniert, ist es in diesem Fall nicht besonders empfehlenswert. Die Präzision leidet ziemlich unter dem fehlenden haptischen Feedback - wobei diese Steuerung möglicherweise auch nur eine Gewöhnungssache ist. Ein nettes Feature hingegen: Die Tastatur wird mit der Zeit durchsichtiger, um das Gameplay nicht zu sehr zu beeinträchtigen.
Die Touch-Steuerung blendet sich nach kurzer Zeit ein wenig aus. (Source: Netzmedien)
Stadia-Gaming am Computer
Das Zocken am Computer stellte sich als das Unkomplizierteste heraus. Man öffne Google Chrome, gehe auf stadia.google.com, melde sich an und drücke "Play". Fertig. Schon läuft das gewählte Game im Vollbildmodus und lässt sich problemlos per Maus und Tastatur bedienen. Keine Installation von irgendeinem Programm notwendig (ausser dem Chrome-Browser). Mit der Maus wurde das Zielen innerhalb von "Orcs Must Die 3" auch viel einfacher.
Am PC lief Stadia tadellos. (Source: Netzmedien)
Als die Steuerung per Stadia-Controller getestet werden sollte, sorgte die spontane Verbindung des Stadia-Controllers mit dem PC für eine positive Überraschung. Leider blieb danach der Ladebildschirm des Games hängen. Also Seite neu laden, den Stadia-Controller neu starten und wieder den Code eingeben - und scheitern. Ohne Kabel war es nicht mehr möglich, den Controller mit dem PC zu verbinden. Mit dem Chromecast funktionierte die Verbindung aber auch jetzt noch wie vorgesehen. Zum Mäuse melken. Aber immerhin: Kabel funktioniert immer.
Fazit
Google Stadia vermag auf jeden Fall positiv zu überraschen. Der Dienst vermochte qualitativ umfassend zu überzeugen. Wie versprochen funktioniert das Game-Streaming grundsätzlich auf allen möglichen Geräten und bis zu 4k. Sogar über 4G läuft der Dienst reibungslos, sofern Stabilität, Bandbreite und Datenvolumen stimmen. Besonders die Einfachheit des Dienstes auf dem PC war schlicht erstaunlich. Der befürchtete Input-Lag war auf keinem der Geräte spürbar.
Für wiederholten Ärger sorgte lediglich der Stadia-Controller. Die kabellose Verbindung wollte einfach mit keinem anderen Gerät klappen als mit dem Chromecast Ultra. Doch muss hier erwähnt sein, dass die kabellose Verbindung des Controllers mit dem Smartphone noch an einem anderen Tag getestet wurde. Nicht nur funktionierte das Game an diesem Tag ohne Ruckeln, dieses Mal auch über WiFi. Auch die kabellose Controllerverbindung klappte auf Anhieb. Insofern könnte das Problem auf den Router zurückzuführen sein - es scheint sogar wahrscheinlicher. Stadia ist bereits ein Jahr auf dem Markt und solche Kinderkrankheiten sind höchstwahrscheinlich lange ausgemerzt. Mit Chromecast Ultra funktionierte stets alles prächtig. Für den Rest konnte man auf eine Kabelverbindung oder alternative Steuerungen ausweichen.
Preise und Verfügbarkeit
Das Stadia-Pro-Abo kostet in der Schweiz 11 Franken pro Monat, und dafür wird Einiges geboten. Im Angebot enthalten sind über 30 Gratisspiele und die Rechenleistung. Für andere Spiele zahlt man entweder den regulären Preis oder man schlägt bei Rabatten zu. Das Abo rechnet sich auf jeden Fall, besonders für Gelegenheitszocker. Immerhin darf man in der Regel mit rund 1000 Franken für einen Midrange-Gaming-PC rechnen, ohne Lautsprecher, Bildschirm und so weiter. Selbst wenn man noch keinen TV haben sollte oder nicht nur über Smartphone zocken wollte, würde ein günstigerer PC oder Laptop absolut reichen für die Anforderungen von Stadia - eine ausreichende Bandbreite vorausgesetzt. So lassen sich die Hardwarepreise schon spürbar nach unten drücken. Die aktuellen Konsolen wie Xbox Series X und Playstation 5 kosten rund 500 Franken - auch hier ist Stadia preislich gesehen klar eine Überlegung wert.
Wem 11 Franken im Monat zuviel sind, der kann auch auf das Gratis-Angebot von Stadia ausweichen. Damit können Gamer und Gamerinnen Spiele kaufen und in Full-HD-Auflösung zocken. Das Game "Destiny 2: New Light" gibt es gratis.
Wer sich für den Stadia-Controller interessiert, kriegt ihn für 79 Franken im G-Store. Möchte jemand die Stadia Premiere Edition inklusive Chromecast Ultra für den Fernseher, kostet es 119.99 Franken.
Falls jemand trotzdem noch nicht vom Game-Streaming überzeugt ist und sich überlegt, welche Konsole wohl am besten zu ihm passt, findet in diesem Artikel vielleicht eine Antwort: "Playstation, Xbox oder Switch: Das zeichnet die einzelnen Konsolen aus".