Warum Semi-Electronic seine Logistik outsourct
Dominik Strohbach hat Anfang 2018 die Position seines Vaters als Geschäftsführer beim Zubehördistributor Semi-Electronic übernommen. Im Interview sagt der 28-jährige, wie er das Familienunternehmen in der Kindheit erlebte und welche Entwicklung er im Zubehörmarkt erwartet.
Sie haben Anfang 2018 die Geschäftsleitung von Semi-Electronic übernommen. Wie kam es dazu?
Dominik Strohbach: Dies war ein sehr natürlicher Prozess. Wir sind ein klassisches Familienunternehmen und ich bin seit 2012 mit im Unternehmen tätig. So konnte ich die Firma schon in den Jahren vor der Übernahme mitgestalten und mich einbringen.
War es für Sie klar, dass Sie einmal das Geschäft Ihres Vaters übernehmen werden?
Ich bin zwar als kleiner Junge mit dem Unternehmen aufgewachsen, aber für mich war ein Einsteigen in die Firma nie wirklich ein Thema. Semi-Electronic kommt aus dem Reparatur- und Bauteilebereich, was für mich nicht wirklich greifbar war. Seit dem Wandel zur Consumer Electronic mit Fokus auf Handyzubehör konnte ich mich aber deutlich mehr mit dem Geschäft identifizieren. Als meine Eltern eines Abends am Familientisch über den stetig steigenden Arbeitsaufwand und die Zukunft des Unternehmens nach der Pensionierung meines Vaters sprachen, löste dies bei mir einen Denkprozess aus. Ich war damals noch mitten in meinem geisteswissenschaftlichen Studium, hatte für mich persönlich aber schon ausgemacht, dass es mich nach dem Bachelor mehr in Richtung Betriebswirtschaft und Handel zieht. Die Vorstellung, dass das 1978 gegründete Geschäft meines Vaters einmal in fremde Hände übergehen könnte, gab dann letztlich den Anstoss dazu, das Familienunternehmen weiterführen. Vor zwei Jahren ist dann auch meine Schwester Nadine noch mit ins Unternehmen eingestiegen, sodass heute die ganze Familie aktiv im Geschäft tätig ist.
Was haben Sie als Erstes verändert?
Mit der offiziellen Geschäftsübergabe gab es operativ nicht direkt etwas zu verändern. Wichtige Beschlüsse treffen wir in der Geschäftsleitung gemeinsam im Plenum. Zu diesem gehört ausser meinem Vater und mir auch meine Mutter Susi als Personal- und Finanzverantwortliche, Alex Sipos als Miteigentümer und IT-Verantwortlicher der Firma sowie Remo Trummer als Einkaufs- und Logistikleiter. Wir führen die Firma gemeinsam. Die grossen Veränderungen bei Semi-Electronic fanden schon kurz nach meinem Eintritt in der Firma 2012 statt.
Wie sahen diese Veränderungen aus?
2013 durften wir die offizielle Vertretung für das Samsung-Originalzubehör übernehmen. Wir wurden einer der Hauptpartner von Samsung Schweiz im Zubehörbereich, was ein grosser Schritt in der Firmengeschichte war. Wir hatten nun eine Marke im Sortiment, die praktisch für alle Kanäle von Interesse war und viele Türen geöffnet hat. So konnten wir die Kontakte zu den grossen Kanälen in der Schweiz weiter ausbauen. Bei diesem Projekt war ich von Anfang an dabei.
Bedient Semi-Electronic diese grossen Accounts selbst?
Ja, wir arbeiten heute mit fast allen grossen Kanälen in der Schweiz direkt zusammen. Es gibt wenige Ausnahmen, bei denen wir mit einem Sub-Distributor arbeiten. Wir bieten Providern wie grossen Unternehmen über unser Direct-Home-Konzept auch unseren eigens entwickelten E-Commerce-Shop als White-Label-Lösung für den POS an. Wenn der Kunde im Laden beispielsweise einen Akku für ein altes Gerät braucht, den es physisch nicht mehr am Haken gibt, kann er über unseren Shop bestellt und im Laden bezahlt werden, und wir erledigen im Hintergrund die Lieferung nach Hause.
Kann jeder Partner diese Lösung adaptieren?
Grundsätzlich ja, aber unsere E-Commerce-Plattform existiert seit 1996 und ist gut im Fachhandel etabliert. Für den Fachhandel ist sie besser geeignet als die White-Label-Lösung. Jeder Händler hat sein eigenes Log-in auf der E-Commerce-Plattform von Semi-Electronic und hat online Zugriff auf das komplette Produktsortiment mit Lagerbestand, Liefer- und Nachbeschaffungszeit, individuellen Bezugspreisen, ein Lieferschein- und Rechnungsarchiv und vieles mehr. Wir möchten alle unsere Dienstleistungen über die E-Commerce-Plattform von Semi-Electronic-anbieten.
Wie wollen Sie Semi-Electronic ausrichten?
Ich habe keinen konkreten Dreijahresplan. In der heutigen Marktlandschaft muss man sich kontinuierlich auf die Gegebenheiten ausrichten, die auf einen zukommen, um dem Kunden die beste und flexibelste Dienstleistung zu bieten.
Was bedeutet das im Tagesgeschäft?
Es sind übergeordnete Themen, die im Tagesgeschäft verschiedene Ausprägungen haben können. Der Mehrwert, den wir als Distributor – unabhängig ob in der Geschäftsbeziehung mit einem Fachhändler oder einem Grosskunden – bieten müssen, umfasst verschiedene Aspekte. Einerseits liegt er in einem guten, aktuellen Produktportfolio begründet, genauso wie in einer Dienstleistung, die von Lieferzeit über Problembehandlung bis zum mehrsprachigen Support reicht. Wenn ein Kunde eine strategische Neuausrichtung plant, müssen wir uns daran anpassen. Diese Mehrwerte müssen wir dem Kunden schnell und flexibel bieten und ihn unterstützen. Nur über diesen zusätzlichen Dienstleistungsgrad und Mehrwert für den Kunden haben wir als Distributor im globalisierten Markt noch eine Existenzberechtigung.
Was ist der Mehrwert von Semi-Electronic?
Zum einen sicherlich unsere permanent weiterentwickelte E-Commerce-Plattform und unsere IT-Dienstleistungen. Damit können Partner die gesamte Geschäftsbeziehung online abwickeln und haben Zugriff auf das komplette Produktportfolio. Zweitens unsere Produkte. Wir sind ein Multi-Brand-Distributor mit einem breiten Sortiment, führen keine Eigenmarke und arbeiten nur mit spezialisierten Zubehörmarken. Einerseits sind wir im Originalzubehörbereich als offizieller Samsung-, Huawei-, HTC- und Nokia-Partner sowie exklusiver Sony-Mobile- und Wiko-Distributor in der Schweiz sehr breit aufgestellt. Wir arbeiten aber auch mit spezialisierten Drittherstellern wie beispielsweise der Firma Eiger für Displayschutz oder Otterbox und Lifeproof für Schutzhüllen. Drittens unsere "Swissness". Wir sind ein nationaler Distributor mit Sitz und Infrastruktur in der Schweiz mit einem mehrsprachigen Aussendienst und machen nur in der Schweiz Geschäfte. Dies macht uns enorm flexibel und gibt uns die Möglichkeit, schnell und dynamisch am Schweizer Markt zu agieren. Ausserdem haben wir seit letztem Jahr auch eine B2B-Abteilung ins Leben gerufen. Das Projektgeschäft mit Firmen sowie staatlichen Institutionen rundet unsere Geschäftstätigkeit ab.
Kommt der Gerätehandel für Semi-Electronic nicht infrage?
Nein, das Zubehörgeschäft bietet genügend Potenzial, sodass wir uns darauf konzentrieren wollen. Wir wollen lieber der führende Anbieter für Zubehör in der Schweiz werden, als in den Gerätehandel einzusteigen und uns mit den grossen internationalen Namen zu messen. Wir möchten uns im Zubehörbereich spezialisieren und unsere Position weiter ausbauen.
Sind Sie führend im Zubehörbereich?
Ja, im Telekomzubehör-Markt in der Schweiz haben wir uns in den letzten Jahren eine starke Position erarbeitet, sodass wir heute sicherlich zu den führenden Distributoren gehören.
Wie geht es Semi-Electronic?
Uns geht es sehr gut. Wir konnten im vergangenen Jahr wieder prozentual zweistellig zulegen. Wir haben uns mit unserem Sortiment, unseren Dienstleistungen und Services am Markt behaupten und die Partnerschaften weiter ausbauen können. Dass uns dies in einem stagnierenden und teilweise gar rückläufigen Markt gelang, verbuchen wir als grossen Erfolg.
Wie erleben Sie den Zubehörmarkt?
Auch im Zubehörgeschäft hat sich ein gewisses Mass an Sättigung eingestellt. Ein Wachstum wie noch vor einigen Jahren gibt der Markt nicht mehr her, und der daraus resultierende Verdrängungskampf ist deutlich spürbar.
Wie haben Sie auf das Ende von Nedis Proditec reagiert?
Semi-Electronic ist seit 1982 enger Partner der Firma Nedis und gehört damit zu den ältesten Nedis-Distributoren überhaupt. Die Gründung der Ländervertretung Nedis Proditec hat die Struktur in der Schweiz sicherlich verändert, hat uns aber nicht direkt betroffen. Wir haben uns in der Achse Semi-Nedis stets stark auf den Fachhandel ausgerichtet, während Nedis Proditec sicher einen grossen Fokus auf Retail legte. Mit dem Ende von Nedis Proditec kam Nedis auf uns zu und fragte uns, ob wir die Zusammenarbeit über den Fachhandel hinaus ausbauen und die exklusive Distribution der Produkte für die Schweiz übernehmen können. Nedis unternimmt einen grundsätzlichen Konzeptwechsel weg von seiner vormaligen Mehr-Marken-Strategie hin zu einer Ein-Marken-Lösung und vertreibt künftig seine Produkte über verschiedenste Waregruppen konsolidiert unter der neuen Marke "Nedis". Diese Neuausrichtung passt sehr gut in unsere Multi-Brand-Strategie und so haben wir dieses Mandat sehr gerne angenommen.
Was bedeutet das für Semi-Electronic, haben Sie die Mitarbeiterzahl ausgebaut?
Ja, wir haben die Mitarbeiterzahl in den vergangenen Jahren ausgebaut. Durch das Outsourcing unserer Logistik im vergangenen Herbst an Also ging es aber wieder etwas in die andere Richtung. Der Abbau in der Logistik betraf aber nur Teilzeitbeschäftigte. Es war unser Ziel, die Mitarbeiter trotz Outsourcing behalten zu können und das haben wir mit Umschulungen bei allen vollbeschäftigten Mitarbeitern erreicht. So sind wir heute mit 14 Mitarbeitern gut aufgestellt.
Warum haben Sie die Logistik an Also ausgelagert?
Wir erzielen jährliches Wachstum und sind so am Sitz in Bettingen logistisch an die Kapazitätsgrenzen gestossen. Die Auslagerung bietet den Vorteil, dass wir unsere Fixkosten in variable Kosten umwandeln konnten, das gibt uns Sicherheit und Flexibilität. Ausserdem ist Also ein sehr interessanter Partner, weil viele unserer grossen Kunden ihre Logistik bei Also haben, was Synergieeffekte schafft.
Wo sehen Sie Wachstumsfelder im Zubehörbereich?
Wir sind zwar Spezialist für Mobilfunkzubehör, haben durch Partner wie Nedis aber auch ein Standbein im CE-Markt. Hier haben wir Themen wie das Smarthome, IoT und Heimautomatisierung auf dem Radar. Es gibt viele spannende Produkte und Konzepte, doch es dauert wohl noch eine Weile bis zur Massentauglichkeit. Aber auch der traditionelle Zubehörbereich wird ein wichtiges Thema bleiben. Es wird immer ein Bedürfnis nach Schutz, Komfort und Differenzierung beim Smarthome geben.
Welche Bedeutung hat der Onlinehandel mit Handyzubehör?
Sowohl das stationäre Geschäft als auch der Onlinehandel haben beide ihre Berechtigung. Das Bedürfnis des Kunden, sich Produkte vor Ort anzuschauen und sich beraten zu lassen, wird immer vorhanden sein. Gerade beim Kauf eines neuen Handys etwa ist es sicher wichtig, das neueste passende Zubehör direkt mit vor Ort zu haben, um da das Kundenbedürfnis direkt mitabzudecken. Allerdings sehe ich gerade im Zubehörbereich eine stetig wachsende Bedeutung des Onlinehandels in einer Verschiebung der Gerätelebenszyklen begründet. Smartphones sind in den letzten Jahren immer teurer geworden und die technischen Neuerungen haben etwas an Tempo verloren. So verschwinden die Geräte nicht mehr nach zwei bis drei Jahren vom Markt, sondern werden an Kinder, Grosseltern, Freunde und Bekannte weitergegeben und erhalten somit einen zweiten Lebenszyklus. Gerade in solchen Konstellationen bietet Online mit den enorm breiten und tiefen Sortimenten sowie dem Convenience-Faktor der Heimlieferung natürlich eine super Alternative für die Zubehörbedürfnisse der Kunden. So glaube ich, dass gerade auch After-Sales ein wichtiger Faktor für die wachsende Bedeutung für den Online-Zubehörhandel darstellt. Meiner Meinung nach sind beide Wege zum Kunden gleichsam von Bedeutung, was sich auch daran erkennen lässt, dass viele Kanäle auf eine Multi- oder Omni-Channel Strategie setzen, um den Kunden den ganzen Fächer an Dienstleistungen zugänglich zu machen. Ich bin überzeugt, dass wir als Semi-Electronic hier mit unseren verschiedenen Konzepten sehr gut aufgestellt sind und unsere Partner sowohl im Online- wie auch im stationären Geschäft optimal unterstützen können.
Persönlich
Dominik Strohbach (28) ist seit 2018 CEO und Geschäftsführer von Semi-Electronic und arbeitet seit 2012 beim Zubehördistributor aus Bettingen (BS). Strohbach hat einen Bachelor-Abschluss in Geschichte und Kulturanthropologie an der Universität Basel. Er ist ledig und hat keine Kinder. In seiner Freizeit spielt Strohbach gerne Handball und Volleyball.