Wie es mit Harman nach der Samsung-Übernahme weitergeht
Samsung hat zum Jahresende 2016 Harman aufgekauft. Im Interview sagen Hansjörg Krebs, Vertriebsleiter Schweiz, und Skander Kaafar, Direktor DACH, wie es mit Harman weitergeht. Ausserdem blickt Krebs, der seit 28 Jahren in der CE-Branche ist, auf die Trends der CES. Interview: Fabian Pöschl
Wieso hat Samsung Ende 2016 Harman für rund 8 Milliarden US-Dollar gekauft?
Skander Kaafar: Harman ist Technologie- und Marktführer in allen seinen vier Geschäftsbereichen. Gerade im Automobilbereich sind wir führender Anbieter von Produkten und Technologien für das vernetzte Fahrzeug und verfügen über viele langfristige Partnerschaften mit den internationalen Automobilherstellern. Durch die Übernahme werden beide Seiten, sowohl Samsung als auch Harman, von den Stärken und Innovationen des jeweils anderen profitieren.
Was ändert sich durch die Übernahme für Harman und für Harman Schweiz im Speziellen?
Kaafar: Bis zum Abschluss der im November angekündigten Transaktion, die wir für Mitte 2017 erwarten, ändert sich nichts und wir führen unsere Geschäfte wie gewohnt weiter. Danach wird Harman als ein eigenständiges Tochterunternehmen von Samsung weiterbestehen und agieren. Konkrete Änderungen für den Schweizer Markt zeichnen sich deshalb aktuell nicht ab.
Wird es einen Stellenabbau bei Harman geben?
Kaafar: Samsung ist sich der Bedeutung unserer Mitarbeiter, Technologien und Marken bewusst. Deshalb ist beabsichtigt, dass es mit Blick auf die Belegschaft sowie auf unsere Standorte und Marken keine Änderungen gibt.
Was bedeutet der Kauf für Schweizer Handelspartner von Harman?
Kaafar: Derzeit zeichnen sich keine Änderungen für unsere Schweizer Handelspartner ab.
Auch Harman übernahm schon mehrere Unternehmen wie etwa im Jahr 1993 AKG. Wieso sind Übernahmen wichtig für Harman?
Kaafar: Harman ist historisch gewachsen, hat sein Marken- und Technologieportfolio aber auch durch strategische Akquisitionen ergänzt. Zuletzt etwa vor anderthalb Jahren mit der Übernahme zweier Software- und IoT-Unternehmen. Wir wollten damals gezielt unsere Kompetenzen in diesem Bereich ausbauen, gerade auch mit Blick auf unser Automotive-Geschäft und die Entwicklungen und Trends in Sachen vernetztes Fahrzeug.
Bei Harman finden sich mittlerweile etwa 17 Marken.
Wieso wurden sie nicht in bestehende Marken integriert?
Kaafar: Unser breites Markenportfolio gibt uns einen Vorteil, da wir besonders im Automotive-Bereich unseren Kunden genau die Marke anbieten können, die ideal zur Marken-DNA und Zielgruppe des Automobilherstellers passt. So ist die Marke des Soundsystems für die Autohersteller ein zusätzliches Differenzierungsmerkmal zum Wettbewerb und daher von grosser Bedeutung. Auch im Segment «Lifestyle Audio», für das wir verantwortlich sind, sind unterschiedliche Marken wichtig. So können wir Konsumenten gezielt mit unterschiedlichen Angeboten ansprechen.
Auf welche Marken legen Sie den Fokus im Consumer-Bereich?
Kaafar: Wir haben uns entschieden, dass JBL weltweit die Hauptmarke wird. Mit JBL sprechen wir die junge Generation der 18- bis 30-Jährigen an. Mit einem tiefen Sortiment an Geräten mit grossartigem Sound, viel Bass und farbenfrohem Design.
Hansjörg Krebs: Der JBL Go etwa war ein enormer Erfolg bei jungen Leuten, der uns einen starken Marken-Push gab. Wir hatten Glück, weil das Produkt in Youtube-Videos vorkam. Der JBL Go war so erfolgreich, dass wir kaum mit der Produktion nachkamen.
Welche Strategie verfolgen Sie mit AKG?
Kaafar: Die Marke kommt aus dem professionellen Studio-Bereich. AKG bietet Produkte für jede Kundengruppe mit Fokus auf Spitzenklang. Die Produkte haben weniger Bass als JBL-Geräte, sind dafür aber im Mitteltonbereich präsenter und insgesamt neutraler abgestimmt.
Krebs: Bei AKG setzen wir auf hochwertige Technik und perfekten Klang. Ein Beispiel dafür ist das Kopfhörermodell AKG N90. AKG ist auch stark im Bereich Noise Cancelling. Das Modell AKG N60NC kommt etwa in der Business Class der Lufthansa zum Einsatz.
Und was ist mit Harman/Kardon?
Krebs: Mit Harman/Kardon adressieren wir den Hi-Fi-Bereich, der leider rückläufig ist. Die Schweiz ist aber traditionell ein hochpreisiges Land, deshalb bleibt Harman/Kardon immer wichtig für uns. Das Geschäft mit Harman/Kardon ist auf einem tiefen, aber soliden Niveau. Ausserdem ist die Marke sehr stark im Automotive-Bereich vertreten.
Wieso wächst Harman, obwohl der Audio-Markt schrumpft?
Kaafar: Wir decken heute im Kopfhörerbereich den kompletten Markt ab und wachsen hier überproportional. Unsere Stärken liegen im Bluetooth- und Sportkopfhörerbereich. Laut GfK sind wir die Nummer eins in der Schweiz bei Sportkopfhörern, und im Lifestyle-Audio-Segment konnten wir zuletzt solide wachsen mit einem Plus von rund 19 Prozent. Dazu kommen die mobilen Bluetooth-Lautsprecher, mit denen wir voll am Puls der Zeit sind und durch eine unglaubliche Modellvielfalt für jeden Kunden das passende Produkt bieten.
Sind mit dem Wachstum Änderungen am Vertriebskonzept geplant?
Krebs: Nein, wir sind in allen Kanälen präsent und haben so eine sehr gute Abdeckung. Wir haben heute deutlich mehr Kunden als früher.
An der CES war die Sprachsteuerung ein grosses Thema.
Ist sie das auch für Harman?
Kaafar: Ja, wir sind bereits Partner von Amazon und Microsoft und wollen in Zukunft Produkte für alle Plattformen mit Sprachsteuerung entwickeln. Wir denken aber auch über eine eigene Plattform nach. Jugendlichen ist die Sprachsteuerung vertraut. Heute nutzen sie zwar noch das Smartphone als Fernbedienung, aber vielleicht braucht es das schon bald nicht mehr.
Was sind die Trends im Audiomarkt?
Kaafar: Die Konsumenten wollen tragbare Musik. Sie wollen wo immer möglich Musik hören. Dafür ist die Vernetzung wichtig, ob mit Bluetooth oder WLAN. Deshalb erzielen wir auch einen Grossteil unseres Gewinns aus dem Geschäft mit Bluetooth-Speakern. Auch Multiroom und die Verbindung von Lautsprechern mit der Cloud sind wichtige Themen. So kann man den Lautsprecher als Steuerung fürs Smarthome nutzen.
Was ist in diesen Bereichen von Harman zu erwarten?
Kaafar: Wir planen noch im ersten Quartal mit Harman/Kardon den Neustart im Bereich Multiroom-Streaming. Hier starten wir mit drei neuen WLAN-Lautsprechern der «Omni+»-Reihe und werden im zweiten Schritt auch eine Soundbar für das System bringen. Mit der JBL-T-Serie brachten wir ausserdem eine ganz neue Preisklasse an Bluetooth-Kopfhörern ab 59 Franken auf den Markt. Ebenfalls unter der Marke JBL haben wir zur CES eine Reihe neuer Bluetooth-Lautsprecher sowie Kopfhörerprodukte vorgestellt. Diese werden zum Frühjahr hin unser Angebot ergänzen.
Wie unterstützen Sie Schweizer Handelspartner?
Krebs: Wir setzen uns mit unseren Partnern zusammen. Wir setzen gemeinsam eine Strategie um, damit der Kunde in den Laden kommt. Wir arbeiten etwa permanent an unserer Produktpräsentation, weil man Sound erleben muss. Dazu haben wir etwa neue Sounddisplays kreiert. Wir informieren den Kunden, unser Handelspartner kann die Produkte dann im Ladengeschäft vorführen. Wir bieten unseren Partnern auch eine Warenbevorratung. Wir arbeiten auf Sellout, machen Marketingkampagnen angepasst auf Land und Kunden.
Was empfehlen Sie dem Handel beim
Audioverkauf?
Krebs: Wichtig ist die langfristige Zusammenarbeit, mit dem Endkunden und dem Hersteller. Deshalb empfehle ich eine Fokussierung auf nur eine Handvoll Hersteller. Das Überangebot im Kopfhörerbereich ist gewaltig. Das führt dazu, dass es Probleme gibt bei der Produktvorführung, wenn etwa im Media Markt 50 weitere Geräte mit Bluetooth-Verbindung ausgestellt sind. Im Zentrum des Denkens sollte letztlich immer der Kunde stehen. Die Nachfrage für Kopfhörer wird es immer geben. Die Leute wollen Musik hören, egal wie gross der Lautsprecher ist.
Wie lautet Ihr Rat an den Fachhandel?
Krebs: Der Fachhandel kann nur überleben, wenn er sich spezialisiert. Die Massenware ist nicht das Richtige für ihn. Er muss Gesamtlösungen anbieten, die andere nicht vollbringen können.