Klickzahlen statt Applaus im Opernhaus
Die Coronakrise hat die Veranstaltungs- und Kulturbranche hart getroffen. Das vom Bund verordnete Eventverbot zwang viele Veranstalter dazu, auf Online- oder Hybrid-Formate umzusatteln. Für viele ist das aber nur eine temporäre Lösung. Sebastian Bogatu, Technischer Direktor beim Opernhaus Zürich, sagt, warum sich hybride Veranstaltungen für Oper und Ballett nicht lohnen.
Aufgrund der Coronakrise waren Events lange Zeit nicht möglich. Wie hat sich das auf die Branche ausgewirkt?
Sebastian Bogatu: Die Auswirkungen der Coronakrise haben die Event- und Veranstaltungsbranche sicherlich am härtesten getroffen. Als öffentlich subventioniertes Haus engagieren wir für grössere Events auch regelmässig Dienstleister aus dieser Branche, was in der Pandemie nicht mehr möglich war. Dank öffentlicher Förderung haben Kulturinstitutionen eine gewisse Absicherung gegenüber den privatwirtschaftlichen Veranstaltern, sind aber durch den Verlust sämtlicher Einnahmen zu langfristiger Kurzarbeit gezwungen gewesen.
Zu welchen Alternativen und Massnahmen haben Sie aufgrund der Krise gegriffen?
Statt vor Publikum haben wir vor Kameras und Mikrofonen gespielt. Statt sich auf der Bühne oder im Graben nah zu sein, hielten wir Abstand voneinander. Statt Einnahmen an der Kasse, generierten wir Kosten für Übertragungstechnik. Statt Mitarbeitende zu entlassen, gingen wir in die Kurzarbeit. Statt den geplanten Produktionen mit 200 Mitwirkenden und 1200 Zuschauerinnen und Zuschauern erschufen wir neu Formate wie etwa einen hauseigenen Podcast mit zwei Mitwirkenden und 5000 Zuhörerinnen und Zuhörern. Statt den Applaus zu hören, schauten wir auf Klickzahlen bei Streamings. Auch wir entdeckten Zoom oder Teams und kreierten Publikumsgespräche daraus.
Welches Potenzial steckt in Hybrid-Events, Livestreaming, digitalen Showrooms und Co.?
Wir haben uns so schnell wie möglich und so flexibel wie nötig den jeweils geltenden Bedingungen angepasst und versucht, unserem Publikum auf allen möglichen Wegen Oper, Ballett und Konzert auch zuhause zugänglich zu machen. Dafür haben sich digitale Formate in der derzeitigen Situation als enorm nützlich erwiesen. Unser Auftrag und erklärtes Ziel ist es jedoch, die Bedeutung und Wichtigkeit einer Live-Kultur und eines Live-Erlebnisses herauszustellen. Oper und Ballett sind spannende, emotionale, interessante und unterhaltsame Ereignisse, die ihre Wirkung live und im gesellschaftlichen und kulturellen Miteinander erst richtig entfalten. Sobald auch grössere Events wieder möglich sein werden, freuen wir uns, das Livestreaming "Oper für alle" wieder präsentieren zu können, das vor der Pandemie von rund 15'000 Zuschauerinnen und Zuschauern auf dem Sechseläutenplatz verfolgt wurde.
Sind digitale Eventformate gekommen, um zu bleiben?
Das weltweite Livestreaming einer Neuproduktion werden wir direkt auch wieder zu Beginn der kommenden Saison 2021/2022 bei der Premiere von "Salome" durchführen. Regelmässige Hybrid-Veranstaltungen, also für ein Publikum vor Ort und für ein digitales Publikum daheim, sind auf Dauer für uns jedoch nicht finanzierbar.
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